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Regisseur Alvis Hermanis gegen Engagement für Flüchtlinge "Political correctness? Nicht im Krieg!"

Im April 2016 sollte der Opern- und Theaterregisseur Alvis Hermanis am Thalia Theater in Hamburg sein Stück "Russland. Endspiele" inszenieren und aufführen. Doch nun kündigte Hermanis die Zusammenarbeit auf. Der Grund: Das Theater engagiert sich für Flüchtlinge.

Der Regisseur Alvis Hermanis 2012 in Salzburg | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Alvis Hermanis möchte mit den Aktionen vieler deutscher Theater, die sich mit Flüchtlingen solidarisieren, nichts zu tun haben. Die Ereignisse von Paris hätten gezeigt, dass man sich im Krieg befinde, so zitierte das Hamburger Thalia Theater den Regisseur. Unter diesen Voraussetzungen sei "political correctness" nicht mehr angemessen. Eine gleichzeitige Unterstützung von Terroristen und den Pariser Opfern schließe sich aus. "Die deutsche Begeisterung, die Grenzen für Flüchtlinge zu öffnen, sei extrem gefährlich für ganz Europa, weil unter ihnen Terroristen seien. Zwar seien nicht alle Flüchtlinge Terroristen, aber alle Terroristen seien Flüchtlinge oder deren Kinder", teilte Hermanis laut Thalia Theater mit. Man müsse sich für eine Seite entscheiden, und das Thalia Theater stehe für ihn auf der Gegenseite.

"Ich bedaure die politisch begründete Absage von Alvis Hermanis, den ich als Künstler sehr schätze. Die Absage zeigt über den Einzelfall hinaus aufs Neue, wie tief Europa derzeit gespalten ist. Dass diese Spaltung auch den Kulturbereich betrifft, ist bedrückend und schockierend. Ich persönlich habe noch nie erlebt, dass Inszenierungen aus politischen Gründen abgesagt worden sind", so reagierte Joachim Lux, der Intendant des Thalia Theaters auf die Absage von Alvis Hermanis.

Alvis Hermanis: "Absage aus privaten Gründen"

In seiner Stellungnahme auf nachtkritik.de, einem Online-Feuilleton, wirft Alvis Hermanis dem Thalia-Intendanten Joachim Lux vor, Sätze aus privaten Briefen aus dem Zusammenhang gerissen und ohne Hermanis' Einverständnis zitiert zu haben. Für seine Absage der Inszenierung am Hamburger Thalia Theater nennt der Regisseur private Gründe. In der Stellungnahme erklärt Hermanis, er wohne in Paris, in der Nähe des Stadtteils, in dem der Terroranschlag am 13. November verübt wurde. Hier herrsche seitdem Paranoia, die Leute seien traumatisiert. Als Vater von sieben Kindern wolle Hermanis nicht in einer anderen potenziell gefährdeten Stadt, wie Hamburg es sei, leben. Er beklagt, es sei ein Tabu in Deutschland, Terrorismus in Verbindung mit Flüchtlingspolitik zu bringen. Nach den Gesprächen mit den Leuten vom Thalia Theater sei Hermanis klar geworden, sie identifizierten sich mit der Willkommenskultur für Flüchtlinge. Er wolle kein Teil davon sein und beruft sich dabei auf sein demokratisches Recht auf eine eigene Meinung.

Vor allem in Osteuropa verstehe man die westeuropäische Euphorie den Flüchtlingen gegenüber nicht, schrieb der Lette Alvis Hermanis. Er denke nicht, dass seine politische Meinung radikaler sei als die Meinung der Mehrheit der Europäer: "Wir unterstützen diesen Enthusiasmus nicht, die europäischen Grenzen für unkontrollierte Zuwanderung zu öffnen."

Alvis  Hermanis ist nicht nur auf der Theaterbühne aktiv, sondern auch als Opernregisseur tätig. So inszenierte er 2012 Bernd Alois Zimmermanns Oper "Die Soldaten" bei den Salzburger Festspielen. Am 8. Dezember feiert seine Inszenierung von Hector Berlioz' "La Damnation de Faust" an der Pariser Opéra Bastille Premiere.

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