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Kritik - Mozarts "Così fan tutte" in Nürnberg Vulgärklamotte in Blümchenkleidern

"Così fan tutte" gehört zu einer von Mozarts meistaufgeführten Opern – etliche Deutungen hat sie deshalb schon erlebt. Am 23. Februar feierte "Così" am Nürnberger Staatstheater Premiere. Die Regie führte Staatsintendant Jens-Daniel Herzog.

Szene aus W.A. Mozarts "Cosi fan tutte" am Staatstheater Nürnberg | Bildquelle: Ludwig Olah

Bildquelle: Ludwig Olah

Es gehört wahrscheinlich zu den grausamsten Wahrheiten der Musikgeschichte, dass Mozarts musikalisch schönste Oper "Così fan tutte" einen so unglaubwürdigen - um nicht zu sagen manchmal auch ziemlich dämlichen - Plot hat. Da rücken ja bekanntermaßen zwei Liebhaber auf dem Buckel einer Wette um die Treue ihrer Frauen in einen fingierten Krieg aus, nur um gleich darauf als Türken verkleidet wiederaufzutauchen und den beiden Zurückgebliebenen nun kreuzweise den Hof zu machen. Da halten die so der Verführung Anheimgegebenen zunächst noch stand, um dann schließlich doch eine nach der anderen schwach zu werden, so dass am Ende jenes sprichwörtliche "Così fan tutte" - so treiben's alle - stehen kann. Opera Buffa nennt man das offiziell, womit einiges erklärt, aber nicht alles entschuldigt ist.

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Nürnberger Hardcore-Variante der Buffa

Man muss sich schon etwas einfallen lassen, will man über diese Erklärung hinaus in jene melancholische Weisheit vordringen, die zwar nur andeutungsweise in der Geschichte, dafür aber tief in Mozart Musik steckt: dass nämlich nichts auf dieser Welt bestand hat, am allerwenigsten die Liebe und die erotische Faszination. Wenn man nun eins über die neue Nürnberger "Così fan tutte" sagen kann, dann dass sie dies ganz offensichtlich nicht will. Denn Staatstheaterintendant Jens-Daniel Herzog hat sich für eine Art Hardcore-Variante der Buffa entschieden, um sie über weite Strecken des Abends genüsslich in einer Vulgärklamotte auszubuchstabieren.

Plakativ ordinäre Eindeutigkeiten

Szene aus W.A. Mozarts "Cosi van tutte" am Staatstheater Nürnberg | Bildquelle: Ludwig Olah Szene aus "Così fan tutte" am Staatstheater Nürnberg | Bildquelle: Ludwig Olah

Unter Herzogs Regie greift man sich ohne Not in den Schritt oder ans Gebrüst oder wahlweise an beides. Die andeutenden Zweideutigkeiten des Librettos in den deutschen Übertiteln werden gleich in die plakativ ordinäre Eindeutigkeit übersetzt. Und dann sperrt Herzog auf seiner Bühne die übers Ohr gehauenen Schwestern nicht nur in eine goldene Schuhschachtel, sondern auch noch in schreckliche 1950er-Jahre Blümchenkleider, während die sich vertauschenden Liebhaber als ziemlich billige Persiflagen auf Rapper ihre Anmache vorantreiben müssen. Dass das zeitlich nicht wirklich zusammenpassen mag: geschenkt. Wie man sich überhaupt so vieles schenken kann an diesem Abend, auch etwa, interpretatorischen Fährten zu folgen. Sei es, dass die alles auslösende Wette von einer mit Handys fotografierenden oder einfach nur gaffenden Meute begleitet und dann sogar übernommen wird. Sei es, dass die bereits erwähnte Schuhschachtel eine Art Bühne auf der Bühne ist, deren vierte Wand zunächst nur für wenige Figuren durchdringlich scheint, um später aber dann, wenn es nicht mehr genehm ist, eben diesen Zauber zu verlieren. Ganz abgesehen davon, stellt das Frauenbild dieser Produktion ein erschreckend aus der Zeit gefallenes dar.

Musikalisch überzeugend

Nein, es macht wirklich keinen Spaß, dieser "Così fan tutte" zuzuschauen, sodass man froh sein darf, dass zumindest Lutz de Veer sein Orchester mit sicherem Gespür durch die Schön- und Feinheiten dieser unsterblichen Musik zu schiffen vermag. Und wenn etwa Julia Grüter und Amira Elmadfa als Schwesternpaar Fiordiligi und Dorabella sich leichtfüßig auf Mozarts Liebespiouretten schwingen, dann bleibt einem zumindest das Eine: Zuhören.

Sendung: "Allegro" am 25. Februar ab 06:05 Uhr in BR-KLASSIK

Mozarts "Così fan tutte" am Staatstheater Nürnberg

Premiere: Samstag, 23. Februar 2019
Inszenierung: Jens-Daniel Herzog
Leitung: Lutz de Veer

Informationen zu Terminen und Besetzung finden Sie auf der Homepage des Nürnberger Staatstheaters.

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