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Premiere in Passau Heile Welt im "Weißen Rössl"

Durch die Verfilmung von 1960 wurde es zum Kassenschlager: das Singspiel "Im Weißen Rössl". Das Landestheater Niederbayern bringt nun eine Neuinszenierung heraus. Die orientiert sich an der wiederentdeckten Urfassung.

Die Operette "Im Weißen Rössl" am Landestheater Niederbayern | Bildquelle: Peter Litvai/Landestheater Niederbayern

Bildquelle: Peter Litvai/Landestheater Niederbayern

"Im weißen Rössl am Wolfgangssee, da steht das Glück vor der Tür" - und in Passau tut es das genauso, denn die Operette bietet heile Welt pur. Und die hat Regisseur Urs Häberli nur zu gern auf die Bühne gebracht. "Das Stück ist ja eine wirklich typische, für meine Begriffe Berliner Revue-Operette, auch wenn sie im Salzkammergut spielt", erklärt er. Aber gerade durch diese verschiedenen Figuren, die aus verschiedenen Himmelsrichtungen kämen und sich im Salzkammergut treffen, sei es schön, wie da im guten zwei Kulturen auf die Schippe genommen werden. Bei der Arbeit daran müsse man das schon ernst nehmen, aber: "Der Inhalt ist ja wirklich so skurril und lustig, sodass das dadurch wirklich seinen Witz, seine Ironie und seinen Spaß macht." Nicht nur die Berliner und Österreicher prallen aufeinander, sondern auch die Liebespaare, die sich erst finden müssen, allen voran die Rösslwirtin und ihr Oberkellner, der fesche Leopold. Er denkt gar nicht daran, die vielen Gäste zu bedienen, sondern schmachtet vielmehr fortwährend und zunehmend seine Chefin an, deren Widerstand anfangs noch ebenso groß ist wie ihre "Goschn".

Ein Glücksfall: die Wiederentdeckung der Urfassung

Die Operette "Im Weißen Rössl" am Landestheater Niederbayern | Bildquelle: Peter Litvai/Landestheater Niederbayern Szene aus der Passauer Inszenierung von "Im Weißen Rössl". | Bildquelle: Peter Litvai/Landestheater Niederbayern Der Revuecharakter der Passauer Inszenierung liegt auch darin begründet, dass sie auf der 2006 wiederentdeckten Urfassung der Musik beruht, in die viele Lieder von Eduard Künnecke Eingang gefunden haben. Ein Glücksfall, wie Kapellmeister Kai Röhrig betont: "Man nennt ja manchmal so diese Revue- und Operettenzeit die ,blecherne Ära‘“, erklärt er. Die goldene Ära war Johann Strauß in Wien. Als silberne Ära gilt Franz Lehár. Auch deshalb versuche Röhrig die Kratzigkeit, die diese Fassung hat, zu beleuchten: "So ein bisschen rau, bisschen Bigband, bisschen ungeschminkt und im nächsten Moment aber dann wieder süffig und dann stubenmusikartig", beschreibt Röhrig die Musik. All diese Farben ergeben am Ende ein sattes rosarot und die Erkenntnis: Im Salzkammergut kann man gut lustig sein...

Ein Lebensgefühl am Rande der Katastrophe

Doch auch die dunkle Seite dieser schillernden Heileweltmedaille kann man erahnen, findet Kapellmeister Röhrig, wenn man bedenkt, dass diese Musik in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts entstand, im Angesicht der drohenden Katastrophe. "Es ist ja jetzt wirklich in Mode, etwa mit Babylon Berlin diese Zeit, diese wilden Zwanziger hervorzuholen", erklärt er. Das sei ein Lebensgefühl, das "uns wahrscheinlich bekannt vorkommt" und an dieser Stelle gebe es "große Parallelen zu unserer Zeit". Die Unterhaltungsmusik diente damals eben auch dazu, die Realität zu verdrängen. "Und da fühle ich mich eigentlich, den Menschen in den Zwanzigerjahren jetzt gerade so verbunden wie vor zehn Jahren nicht", sagt Röhrig. Ein Lebensgefühl am Rande der Katastrophe also, da stelle sich für Röhrig auch die Frage: "Was macht das mit uns, so eine heile Welt zu hören?"

Weitere Infos

Die Neuinszenierung von "Im Weißen Rössl" gibt es ab 1. Oktober im Theater Passau, ab 7. Oktober in Landshut und ab 10. Oktober in Straubing.

Sendung: "Piazza" am 1. Oktober 2022 ab 08:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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