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Traditionelle iranische Musik in München Bedroht vom Regime

Das 2014 im Iran gegründete Māhbānoo Ensemble besteht allein aus Musikerinnen. Im Iran sind dem Ensemble öffentliche Auftritte verwehrt. Auf Einladung der Musica Viva des BR spielt es jedoch am Abend des 27. September im Münchner Prinzregententheater. Wir haben mit der deutsch-iranischen Komponistin Bahar Roshanai über das Ensemble und die Situation von Musikerinnen im Iran generell gesprochen.

Gruppenfoto des Mahbanoo Ensemble vor gemustertem Hintergrund | Bildquelle: BR/LMN-Berlin

Bildquelle: BR/LMN-Berlin

BR-KLASSIK: Was zeichnet persische Musik denn vor allem aus?

Bahar Roshanai: Die Musik Persiens zeichnet sich durch eine sehr komplexe Ornamentik aus. Und sie klingt in unseren europäischen, ich sage mal, wohltemperierten Ohren oftmals etwas befremdlich. Man hat den Eindruck, dass die Sängerin noch den richtigen Ton sucht oder die Instrumentalisten dabei sind, noch ihre Instrumente zu stimmen. Das hat aber damit zu tun, dass die Musik auf Vierteltönen basiert. Das ist ein Hauptcharakteristikum der persischen Musik.

Und die persische Musik basiert auf einem Zwölfton-System, das wiederum 360 Melodien einschließt, auf die dann die Instrumentalistinnen und Instrumentalisten improvisieren. Auch das ist ein Hauptelement der persischen Musik: Die Musik entsteht meistens im Moment.

Die Situation seit der Islamischen Revolution

BR-KLASSIK: Seit der Islamischen Revolution 1971 ist das Singen für Frauen in der Öffentlichkeit verboten. Welche Rolle hatten die Frauen vor dieser islamischen Revolution und wie ist die Situation heute? Wo machen die Frauen denn überhaupt Musik?

Bahar Roshanai: Direkt nach der islamischen Revolution wurde Musik im Iran komplett verboten; mit der Begründung, dass Musik die Sprache des Teufels, des Satans sei. Das hat sich mit den Jahren aber etwas, ich sage mal, gelockert. Und Frauen haben dabei immer eine sehr wichtige Rolle gespielt.

Heute, also jetzt im Jahr 2023, haben wir im Iran eine sehr lebendige Musikkultur. Auch Frauen dürfen auftreten, zumindest in einigen Städten. Und zumindest mit Instrumenten. Was aber im gesamten Iran seit der islamischen Revolution verboten ist, ist der Gesang der Frau. Man darf als Frau zwar im Chor mitsingen, wenn die Stimme der Frau von der Stimme eines Mannes übertönt wird. Und man darf kleine Konzerte vor Frauen aufführen, aber nicht im Beisein von Männern.

Derzeit keine Auftritte im Iran möglich

BR-KLASSIK: Das Māhbānoo Ensemble wurde 2011 gegründet. Sechs Frauen aus dem Iran musizieren darin gemeinsam. Unter welchen Bedingungen proben denn die Musikerinnen? Wie arbeiten sie derzeit in Teheran?

Bahar Roshanai: Das Māhbānoo Ensemble wurde 2011 von einem sehr bedeutenden iranischen Musiker gegründet. 2014 wurde ein Video veröffentlicht, wo man das Ensemble mit ihm gemeinsam in einem Probenraum sieht, auch zwei Sängerinnen singen dort. Das Video wurde auf YouTube veröffentlicht und innerhalb von zwei Tagen über 2 Millionen Mal angeklickt.

Daraufhin wurde das Ensemble vor Gericht geladen. Es gab mehrere Prozesse. Und jetzt darf das Ensemble im Iran nicht mehr auftreten. Wir haben die Musikerinnen gemeinsam mit dem Musikfest Berlin und dem Bayerischen Rundfunk unter sehr schwierigen Bedingungen eingeladen. Einzeln, nicht als Ensemble – andernfalls hätten sie gar keine Visa bekommen.

Und wir als Veranstalter haben sehr großen Wert daraufgelegt, die Musikerinnen nicht zu gefährden. Sie sind hier, um traditionelle persische Musik zu präsentieren. Es geht uns darum, die Musikinstrumente vorzustellen, über die Texte zu sprechen, über die Besonderheiten der persischen Musik – und nicht darüber, dass es Missstände im Land gibt und dass diese Frauen mit gewissen Dingen nicht einverstanden sind, die im Iran passieren.

Wir bewegen uns immer in einer Grauzone. Wenn man es mit dem iranischen Regime zu tun hat, muss man immer auch mit einer gewissen Gefahr rechnen. Und deswegen bleiben wir natürlich alle auch angespannt bis zu dem Moment, wenn die Musikerinnen wieder in Teheran bei ihren Familien sind.

Sendung: Leporello" am 26. September ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (1)

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Mittwoch, 27.September, 22:44 Uhr

Bernhard Ebneth

M?hb?noo Ensemble

Danke BR, danke musica via, danke Herr Hopp, dass Sie dieses faszinierende und berührende Konzert im Residenztheater möglich gemacht haben.

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