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Jugendkonzert Jubel für Igor Levit und Münchner Philharmoniker

Jugendliche hören Popmusik und gehen in Clubs. So das Klischee. Doch wie bekommt man die jungen Leute auch mal in ein Klassik-Konzert? Etwa mit dem Jugendkonzert der Münchner Philharmoniker. Diesmal prominent besetzt mit Igor Levit am Klavier und Mirga Gražinytė-Tyla am Pult. Das junge Publikum feiert die Klassik-Stars - und besonders ein Werk des 20. Jahrhunderts.

Jugendkonzert der Münchner Philharmoniker  | Bildquelle: Tobias Hase

Bildquelle: Tobias Hase

Schon am Applaus erkennt man das gesenkte Durchschnittsalter des Publikums. Stampfen, Johlen, Rufen. Hört man an diesem Abend ziemlich oft. Es wird für das Orchester gejubelt beim ersten Jugendkonzert der laufenden Saison der Münchner Philharmoniker. Auch zwischen den Sätzen wird enthusiastisch geklatscht. Es wird für Igor Levit gejubelt. Für Dirigentin Mirga Gražinytė-Tyla. Und auch für den Moderator Malte Arkona. Der führt sehr nahbar und ganz auf Augenhöhe mit den Jugendlichen durchs Programm. Anschaulich erzählt er – samt Videoprojektion – von der schwierigen Liebesgeschichte zwischen Clara und Robert Schumann. Dieser Beziehung ist auch das Klavierkonzert entsprungen, mit dem das Konzert eröffnet wird.

Igor Levit und das Orchester spielen fast kammermusikalisch zusammen

Ein weicher Orchesterklang, in den Igor Levit die Solostimme hineinsetzt. Sehr einig, sehr innig sind Orchester und Solist. Der beugt sich manchmal sogar zur Konzertmeisterin, gestaltet hier fast kammermusikalisch. Ab und zu wird ein bisschen geflüstert im Konzertsaal, sonst ist die Stimmung konzentriert. Eine Mutter geht mit ihrem etwa vierjährigen Sohn raus, aber selbst das Kleinkind hat etwa eineinhalb Sätze durchgehalten.

Ich fahr jedes Mal wieder mit, wenn es angeboten wird, weil es echt cool ist.
Maria, 19, Besucherin des Jugendkonzerts

Mirga Gražinytė-Tyla beim Jugendkonzert mit den Münchner Philharmonikern | Bildquelle: Tobias Hase Mirga Gražinytė-Tyla dirigiert die Münchner Philharmoniker. | Bildquelle: Tobias Hase Viele Schulklassen sind da, viele sind das erste Mal im Klassikkonzert. "Das ist eine sehr interessante Erfahrung für mich, macht aber auch Spaß", erklärt der 18-jährige Jakob. "Ich hab in gewisser Weise schon so ein Grundinteresse an klassischer Musik, auf jeden Fall kann ich jetzt schon sagen, dass es sich gelohnt hat", schließt sich Emmanuel, ebenfalls 18 Jahre alt, an. Manche sind aber auch schon routiniert: Etwa die 19-jährige Maria aus Murnau, für die ist es schon das dritte Konzert. Ihre Lehrerin organisiert regelmäßig Fahrten zu den Jugendkonzerten der Philharmoniker: "Das ist voll cool. Sonst würde ich ja nicht noch mal mitfahren, aber ich fahr jedes Mal wieder mit, wenn es angeboten wird, weil es echt cool ist." Und die Liebe von Robert zu Clara Schumann, von der so viel erzählt wurde, spürt man die auch heute in der Musik? "Man konnte dem Klavierspiel schon diese Emotionen entnehmen, das hat Igor Levit auch wirklich gut artikuliert", sagt Emmanuel. Romantisch also, heute vielleicht ein bisschen fern, aber durchaus interessant. So weit so normal.

Selbst Klassiker-Kennern nicht ganz geläufig: Mieczysław Weinbergs 3. Symphonie

Doch der zweite Programmpunkt überrascht. Mit Mieczysław Weinbergs dritter Symphonie steht ein Werk des 20. Jahrhunderts auf dem Programm. Eines, das selbst viele Klassik-Kenner wohl noch nicht so oft gehört haben. Ein wildes, rhythmisches Werk – eklektisch, sperrig in den Harmonien. Mirga Gražinytė-Tyla beschäftigt sich schon länger mit Weinberg. Das hört man. Die ruhigen Passagen sind zerbrechlich, manchmal an der unteren Lautstärkegrenze – aber emotional glühend. Es wogt auf, harmonisch uneins, sehnend im Ton. Sehr toll.

Und die Jugend? Mag die Musik der Moderne

Schumann oder Weinberg, aus dem Bauch heraus? "Weinberg." So die einhellige Antwort der Jugendlichen. Und so gewinnt an diesem Abend ein Vertreter des 20. Jahrhunderts. Jemand, der katastrophale Erfahrungen in seiner Jugend in Polen unter dem Nazi-Terror machen musste. Der fliehen musste und später Stalins Diktatur in Russland erlebte. Jemand, der diese Erfahrungen in zerrissene, aber mitnehmend energetische Musik packte.

Sendung: "Allegro" am 2. Dezember 2022, ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (2)

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Sonntag, 04.Dezember, 17:10 Uhr

Beate Schwärzler

Igor Levit spielt Klassik für junge Menschen

Danke !
Und: Ich wäre so gerne dabei gewesen !

Sonntag, 04.Dezember, 09:56 Uhr

Beate Schwärzler

Igor Levit begeistert die Jugend für die Klassik

Guten Morgen !
Danke, BR-Klassik, und: Danke, Igor Levit für d i e s e s Bild über dem Artikel.
Ich wäre, ich wäre sooo gerne dabei gewesen. Bei d i e s e m Programm !
Weinberg, immer noch zu wenig gespielt, hat mich berührt vor langer Zeit schon.
Lieber, lieber Igor Levit ! Dank für Ihren unermüdlichen Einsatz ... wie sagten die
Romantiker (?) : Dank für Ihren Einsatz "für das Gute, das Schöne, das Wahre."
Dank auch, von mir persönlich, daß S i e das für vereinbar halten - und tun ! -
mit politischem Engagement.
Some day ... würde ich gerne dabei sein und Sie näher kennenlernen !
Wenn, (so Gott will), ich wieder besser laufen kann.

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