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Kritikerspiegel – Wagners "Lohengrin" in München Und was schreiben die anderen so?

Glamourös oder unentschlossen? Am Samstag feierte in München Wagners "Lohengrin" Premiere. Die wahrscheinlich wichtigste Saisonproduktion an der Bayerischen Staatsoper. Und die Kritiken fallen erstaunlich gemischt aus. Viel Einigkeit gibt es mit Blick auf die Solistinnen und Solisten. Der Rest bleibt jedoch umstritten. Da lohnt ein kleiner Vergleich!

Lohengrin an der Bayerischen Staatsoper | Bildquelle: Wilfried Hösl

Bildquelle: Wilfried Hösl

Unser Kritiker war nicht sehr überzeugt. "Recht unentschlossen" und "nicht besonders aufregend", so lautet das Urteil von Peter Jungblut über die dahingondelnde Inszenierung von Kornél Mundruczó. Und noch entschiedener fällt sein Verdikt über die Leistung von François-Xavier Roth aus. Seinem Dirigat fehle der "Wille zu Interpretation". Durchsichtig sei das zwar schon, was der Franzose mit dem Staatsorchester mache – aber auch recht emotionslos. Es fehle der "Mut zum Schwärmen", den der "nebulöse Romantiker" Wagner doch so nötig habe. Von einer umstrittenen Produktion spricht unser Kritiker deshalb auch.

Neue Züricher Zeitung: "Befreiungsschlag"

Einige Kollegen kommen dagegen zu einem ganz anderen Fazit. Beispielsweise Marco Frei in der NZZ. Er spricht sogar von einem "Befreiungsschlag" für die derzeit ein wenig angekriselte Oper. Angeblich ist nicht jeder im Haus zufrieden mit der Leitung von Serge Dorny. Auch der postpandemische Zuschauerschwund drückt im Schuh. Da komme, wie Frei schreibt, dieser "Lohengrin" zur rechten Zeit.

Den größten Anteil am Erfolg billigt er dabei eben jenem François-Xavier Roth zu, der auf BR-KLASSIK gar nicht gut wegkommt. Was dort unter blutleerer Durchsichtigkeit läuft, wird in der NZZ positiv gewendet: Frei lobt die "fließenden Tempi" und den "fast südländisch anmutenden Klang, hell, schwebend und wunderbar entschlackt". "Schlicht überragend" nennt Frei die Leistung des Bayerischen Staatsorchesters. Und auch Regisseur Mundruczó kommt wesentlich besser weg. Revolutionär sei seine Neudeutung des "Lohengrin" vielleicht nicht, dafür jedoch gelungen linear erzählt und "ansprechend illustriert". Wagner für alle sozusagen.

Münchner Merkur: "besonders gelungen"

Ähnlich sieht es auch der Münchner Merkur, dessen Musikkritiker Markus Thiel sogar von einem "besonders gelungenen 'Lohengrin'" spricht. Und das habe nicht wenig mit der Regie zu tun. Mundruczó arbeite gleich auf mehreren Ebenen, verbinde kammerspielartige mit chorischen Szenen, Psychologisches mit Symbolistischem. Nicht immer werde das "zu Ende geführt, gedacht und regiehandwerklich eingelöst", doch gerade das erzeuge eine Offenheit, die den Abend reizvoll mache.

Dazu trage auch François-Xavier Roth bei, der sich der großen "Kulinarik-Sause" verweigere. Auch hier klingt er wieder an, der Anti-Schwärmer. "Wo andere lustvoll verbremsen, treibt er an", schreibt Thiel über den Franzosen und lässt keinen Zweifel daran, dass er mit diesem musikalischen Drive d'accord geht.

Süddeutsche Zeitung: "echte[r] Glamour"

Der antiromantische Angang – in Musik und Regie – überzeugt auch Helmut Mauró in der Süddeutschen Zeitung. "Echte[n] Glamour" biete die Aufführung. Mundruczó inszeniere ein psychologisches Drama anstelle einer Märchenoper. Und Roth überzeuge vor allem durch sein Gespür für "zarte crescendi" und "versteckte Details" sowie seine "Zusammenarbeit mit den Gesangssolisten".

Zumindest mit Blick auf letztere – also Solistinnen und Solisten – sind sich eigentlich alle Kritiker ziemlich einig. Hier fällt das Urteil insgesamt recht positiv aus. Allen voran: Klaus Florian Vogt, der in seiner "Paraderolle" (Mauró) "immer cooler und lässiger" (Jungblut) agiere. "Wo die Tenor-Kollegen tricksen, segelt er noch immer locker drüber", schwärmt Thiel. Und für Marco Frei fügt sich Vogts "Wagner-Belcanto" sowieso ideal in den schlanken, südländischen Klang, den Roth zusammen mit dem Staatsorchester fabriziert.

Kommentare (2)

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Donnerstag, 08.Dezember, 18:42 Uhr

Euphrosine

umstritten auf jeden Fall....

Da auch die Leserkommentare so unterschiedlich ausfallen, ist "umstritten" in jedem Fall zutreffend. Ich kann aus der Aufführung 7.12. berichten, dass es - trotz der Länge des Abends - bis zum Ende fast keinen Zuschauerschwund gab. - Das spricht m.E. schon Bände. Um mich herum war man zurückhaltend angetan bis vielfach hemmungslos begeistert. Ich auch: Musikalisch hinreißend, Regie kein wirklich großer Wurf, aber in vielen Details sehr stimmig mit den Inhalten, und nackdenk-würdig (auch wenn´s dann doch nicht wirklich aufgeht. Dennnoch: Ich hatte z.B. noch nie so ganz realisiert, wie sehr alle außer L&O ständig hin- und hergerissen sind, und wie empfänglich für Stimmungen) Und KEIN Abhaken der gängigen Big-Five: Foltern, vergewaltigen, dauerrammeln, Putin-bashing, Müllhalde) - allein das :):):)!

Dienstag, 06.Dezember, 20:15 Uhr

Wolfgang

Ist doch egal

Die Kritikergilde, die seit Jahrzehnten das unsägliche Regietheater hochschreibt, hat doch schon längst jede Glaubwürdigkeit verloren.

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