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Wolfgang Rihm wird 70 Der Unerschütterliche

Die renommiertesten Orchester spielen seine Werke, auf den Bühnen der großen Opernhäuser und internationalen Festivals ist er seit Jahrzehnten Dauergast: Wolfgang Rihm, am 13. März 1952 in Karlsruhe geboren, der wichtigste deutsche Komponist seiner Generation. Und einer, der lieber seine Musik für sich sprechen lässt, als selber viele Worte zu verlieren.

ARCHIV - 28.02.2022, Baden-Württemberg, Karlsruhe: Der Komponist Wolfgang Rihm sitzt an einem Flügel in seiner Wohnung. Am 13.03.2022 wird Rihm 70 Jahre alt. (Zu dpa «Musik ist Leben» - Der Komponist Wolfgang Rihm wird 70) Foto: Uli Deck/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ | Bildquelle: dpa-Bildfunk/Uli Deck

Bildquelle: dpa-Bildfunk/Uli Deck

Der Unerschütterliche

Wolfgang Rihm zum 70. Geburtstag

Manche Künstler brauchen guten Wein, anregende Gespräche, Literatur, Bilder oder andere Sinneseindrücke. Wolfgang Rihm braucht und will vor allem eins: seine Ruhe. Und diese Ruhe verteidigt der Karlsruher Komponist vehement. Nicht einmal einen Computer hat er. Kein Pling, kein Post, keine Prokrastination. Wenn man Kontakt zu ihm aufnehmen will, dann am besten per Brief. Oder Fax.

Ich brauche keine Anregung von außerhalb. Die einzige Anregung, um die ich bitte, ist in Ruhe gelassen zu werden.
Wolfgang Rihm

Selbst sein eigenes Wirken – oder besser: Nachwirken – soll ihm bloß nicht im Weg stehen, ihn ja nicht vom Arbeiten abhalten. Wolfgang Rihm ist seit vielen Jahrzehnten der wohl produktivste deutsche Komponist zeitgenössischer Musik. In den Konzertprogrammen landauf, landab: überall Rihm, Rihm, Rihm. Seine Name taucht derart oft auf, dass der Komponist selbst bei bester Gesundheit längst nicht jeder Aufführung beiwohnen könnte und kann.

Lieber am Schreibtisch statt im Konzertsaal

Seine Lebenszeit verbringt er also damit, Stücke quasi aus dem Ärmel zu schütteln. Er komponiert in einer Geschwindigkeit, in der andere Partituren nur durchblättern. Immer mit höchstem Anspruch an Qualität und Ausdruck. Mehr als 500 Werke. Vom harmlos beschwingten Walzer bis zum sperrigen Schwergewichtsmusiktheater. Und ob die Kritik nun jubelt oder mäkelt – Rihm ging es noch nie darum, mit seinen Kompositionen irgendwelche Erwartungen zu erfüllen: "Ich frage mich natürlich nicht ständig: Liege ich richtig in der Zeit oder stehe ich richtig quer zur Zeit oder bin ich schön sperrig oder bin ich Gott sei Dank nicht sperrig oder was auch immer."

Ich handle ganz nach Intuition und Lust und Laune und sehr subjektiv.
Wolfgang Rihm

Von Karlheinz Stockhausen belächelt, von einem Millionenpublikum geachtet

Karlheinz Stockhausen, bei dem Rihm Anfang der 1970er-Jahre studierte, nahm ihn nie richtig ernst. Macht nichts: Rihm war und ist zäh, beharrlich, schöpft Vertrauen aus sich selbst. "Ich bin in der glücklichen Situation, ein Naturell zu besitzen, das aus allem etwas lernt. Ich kann noch aus der hämischsten Ablehnung Gold machen", sagt er über sich selbst. Seit er mit Anfang 30 Kompositionsprofessor in Karlsruhe wurde, ging es kontinuierlich bergauf: Neben vielen Stücken für kleinere Besetzungen komponierte Rihm ein erfolgreiches Bühnenwerk nach dem anderen. 1976 die Kammeroper Faust und Yorick, später folgten Die Hamletmaschine, Oedipus, und 2010 die Nietzsche-Oper Dionysos. Heute muss er niemandem mehr etwas beweisen: Als im Januar 2017 die Elbphilharmonie feierlich eröffnet wurde, stand nicht nur Beethoven auf dem Programm, sondern auch Rihm. Ein Millionenpublikum erlebte seine Musik damals im Radio, im Netz, vorm Fernseher. Ein weiteres Highlight im selben Jahr 2017: seine Requiem-Strophen, uraufgeführt bei der Konzertreihe "musica viva" des Bayerischen Rundfunks.

Wolfgang Rihm ist der meistgespielte deutsche Komponist der Gegenwart. Sein Œvre ist alles andere als ein One-Hit-Wonder. Ein Schelm, immer freundlich und entwaffnend humorvoll. Ist er 70 oder 700? Sein Werkkatalog reicht jedenfalls gleich für mehrere Komponistenleben.

Sendung: "Piazza" am 12. März ab 8.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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