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Waltraud Meier zum 65. Geburtstag "Ich bin ganz gut im Dichten"

Lange war sie in den großen Wagner-Partien zuhause: Waltraud Meier. Jetzt feiert die Mezzosopranistin ihren 65. Geburtstag. In BR-KLASSIK spricht sie über ihre Liebe zu Wagner, Blackouts auf der Bühne und warum es Sänger in der Corona-Krise besonders schwer haben.

Mezzosopranistin Waltraud Meier | Bildquelle: © Nomi Baumgartl

Bildquelle: © Nomi Baumgartl

BR-KLASSIK: Frau Meier, wann haben Sie das letzte Mal auf der großen Bühne gestanden?

Waltraud Meier: Mitte Februar in Wien an der Staatsoper, in der "Salome" als Herodias. Danach hatte ich nur noch ein einziges Konzert, eine Neunte Beethoven in Berlin auf dem Bebelplatz, das war's. Mehr durfte ich das ganze Jahr nicht singen.

In Zeiten von Corona: Kultur kommt viel zu kurz

BR-KLASSIK: Blöde Zeiten. Wie geht es Ihnen?

Waltraud Meier: Furchtbar. Ja, man hat beim ersten Lockdown immer noch gehofft, das wird ja wohl noch werden, die Konzepte werden greifen. Aber irgendwie starb dann auch die Hoffnung. Und inzwischen sind die Kollegen komplett verzweifelt.

BR-KLASSIK: Bei Ihnen persönlich ist es immerhin kein existenziell wirtschaftliches Problem…

Waltraud Meier: Ich kann es verkraften. Aber wenn ich an meine Kollegen denke und hauptsächlich an meine jungen Kollegen, die bisher sich noch nicht etwas aufbauen konnten, für die ist das Jahr katastrophal.

BR-KLASSIK: Ist das nicht ein grundsätzliches Problem in der Opernwelt? Wenn man jetzt mal nicht auf die Spitzengagen schaut, sondern auf die kleinen Häuser. Da sind ja die Sängerinnen und Sänger, die Hauptrollen singen, meist schlechter bezahlt als der Zweite Geiger im Tutti.

Waltraud Meier als Klytemnästra bei den Salzburger Festspielen 2010 | Bildquelle: picture-alliance / Schaadfoto/ Andreas Schaad | Andreas Schaad Waltraud Meier 2010 als Klytemnästra bei den Salzburger Festspielen | Bildquelle: picture-alliance / Schaadfoto/ Andreas Schaad | Andreas Schaad Waltraud Meier: Ja, in der Vorstellung von vielen Menschen sind die Gagen alle riesig. Dem ist ganz und gar nicht so. Regensburg, Passau, Coburg ist schon an der unteren Grenze, aber selbst an Opernhäusern wie der Berliner oder Münchner Staatsoper bekommen die Leute, die fest engagiert sind, keine riesengroßen Gagen. Auch Gäste für mittlere Partien, sagen wir mal für eine Rheintochter oder eine Brangäne – das ist wirklich nicht viel Geld. Und Sie müssen ja auch immer das Risiko miteinbeziehen. Wir werden nur bezahlt für die Vorstellung. Und wenn wir krank werden oder die Vorstellung einfach nicht stattfinden kann und man trotzdem geprobt hat – dann ist das Geld weg. Oder diese ganzen Streaming-Opern, die gezeigt werden: Da wird genauso sechs Wochen geprobt. Und dann gibt's eine Vorstellung und Sie werden nur für die eine Vorstellung bezahlt. Im deutschsprachigen Raum kriegen wir wenigstens ein bisschen was für die Proben. Aber das ist kaum der Rede wert.

Sänger - alles Einzelkämpfer?

BR-KLASSIK: Müssten nicht Sängerinnen und Sänger eine Gewerkschaft gründen, statt immer nur Einzelkämpfer zu sein? Die Orchestermusiker haben es ja auch geschafft und viel bessere Bedingungen.

Waltraud Meier: Der Ausdruck Solist ist schon richtig: Wir sind alle Solisten. Der Gedanke ist schön, dass wir uns alle mal zusammenschließen. Aber es wird immer jemand ausscheren. Wenn das Theater sagt: Wir engagieren dich statt deines Konkurrenten – dann werden alle zugreifen. Die Solidarität kann nicht funktionieren, weil immer irgendwelche Leute auf Angebote eingehen. Damit werden solche gemeinschaftlich aufgebauten Beschlüsse untergraben.

Für uns Sänger wird da eine Nullrechnung gemacht.
Waltraud Meier über die Corona-Hilfsmaßnahmen

BR-KLASSIK: Fehlt Ihnen das manchmal, diese Gemeinschaft wie sie ein Orchestermusiker vielleicht hat?

Waltraud Meier: Oh ja, ich habe oft schon gedacht, es würde uns guttun, wirklich für eine gemeinsame Sache zu kämpfen. Besonders jetzt. Ich weiß, dass es sogar Agenten versucht haben. Wenn, dann würde es auch nur auf dieser Ebene funktionieren. Aber auch die Agenturen untereinander halten sich dann nicht an die Regeln. Es klappt einfach nicht. Dabei wäre es wirklich wichtig gewesen, dafür zu kämpfen, dass wir auch mal Gagen erstattet bekommen. Vielleicht nicht in voller Höhe. Aber dass man sich einfach das Risiko teilt!

Mezzosopranistin Waltraud Meier | Bildquelle: © Nomi Baumgartl Waltraud Meier | Bildquelle: © Nomi Baumgartl Wir schauen alle natürlich mit Wohlwollen auf diejenigen, die Kurzarbeit haben und weiterhin Geld bekommen. Wir gönnen das jedem. Aber bei uns wird eine Nullrechnung gemacht. Unter Mühen bekommen wir vielleicht ein bisschen was von einer November-Hilfe. Die geht aber an der Realität vorbei, weil ein Sänger meistens international tätig ist. Das Schöne ist, dass der Fiskus immer zugreift auf alle internationalen Gagen. Ist ja auch in Ordnung. Aber jetzt, wo es um die November-Hilfe geht, werden nur die absolut freiberuflichen Engagements angerechnet, die wir vergangenes Jahr in Deutschland hatten. Wenn wir für kurze Zeit lohnsteuerabhängig arbeiten, auf Lohnsteuerkarte, zählt es nicht mit. Also die Maßnahmen sind realitätsfremd. Die Sänger fallen immer durch den Rost.

Kultur ist etwas existenziell Wichtiges.
Waltraud Meier

BR-KLASSIK: Sie haben ein Protestschreiben mitunterzeichnet – von der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.

Waltraud Meier: Ja, wir protestieren einfach dagegen, dass die Kultur, Oper und Theater in einen Topf geschmissen wird mit Unterhaltung. Das heißt auch in einen Topf mit so Institutionen wie Bordellen und Spielhallen. Kultur ist etwas existenziell Wichtiges und eben nicht nur reines Vergnügen und Freizeitbeschäftigung. Es geht tiefer, es ist eine Notwendigkeit.

BR-KLASSIK: Kunst soll auch unterhaltend sein. Aber das heißt ja nicht, dass sie nicht noch viel mehr ist.

Waltraud Meier: Sie ist viel, viel mehr. Sie bringt aus dem Menschen etwas heraus, was er sonst nicht erkennt. Ich habe gesehen, dass Menschen aus einer Vorstellung herauskommen und so beseelt sind, dass sie sagen: Ich schwebe jetzt nach Hause. Oder: Ich habe heute was von der Welt und von mir selbst erfahren. Das kann man sich nicht irgendwo im Internet kaufen oder online bestellen. Oder durch Streamingdienste machen. Das geht einfach nicht.

Kunst als Katharsis

BR-KLASSIK: Es gibt ja den Gedanken schon in der Antike, dass Kunst nicht immer nur schön ist, sondern dass sie uns auch mit dem Schrecklichen konfrontiert – auch in uns selbst. Mit dem, wovor wir Angst haben. Dadurch reinigt sie uns. Eine Art Katharsis. Erleben Sie das auch, wenn Sie künstlerisch tätig sind?

Waltraud Meier: Absolut. In manchen Vorstellungen bin ich selber überrascht. Da stolpere ich über irgendeinen Satz oder über irgendetwas musikalisch. Und dann reißt es mich richtig und öffnet mir neue Räume – gedanklich, seelisch, empfindend. Zum Beispiel als ich das erste Mal die Dritte Sinfonie von Mahler sang. Ich hatte sie vorher, gestehe ich, noch nie gehört. Es war ein Konzert mit Giuseppe Sinopoli in Rom. Ich singe also den vierten und fünften Satz, bin fertig und darf mich setzen auf der Bühne. Und dann beginnt der sechste Satz. Der hat mich aus den Angeln gehoben. Ich sitze ja dann auch mitten im Orchester. Ich musste so aufpassen, dass ich nicht heule, weil es mich innerlich mit etwas konfrontiert hat, von dem ich gar nicht wusste, dass es in mir ist.

BR-KLASSIK: Offensichtlich ist Musik etwas, was einen existenziell berührt, weil es mit Leben und Tod zu tun hat.

Waltraud Meier: Ja, und das kann eben nur Kunst: Musik, Malerei, Dichtkunst, Theater. Und deswegen ist das unverzichtbar.

Ein Leben für Wagner

BR-KLASSIK: Ich würde mit ihnen gern über das Wort Weltatem sprechen.

Waltraud Meier: Das liebe ich! Für mich ist die Vorstellung von einem Weltatem das Tröstlichste überhaupt.

BR-KLASSIK: Sie haben es oft gesungen: Das Wort stammt aus dem "Liebestod" in Wagners "Tristan".

Waltraud Meier: Ja: "In des Weltatems wehendem All ertrinken, versinken, unbewusst, höchste Lust." Für mich eröffnet das Zeit und Raum, und ich verlasse da diese wunderbare, verletzliche kleine Erde und gehe in etwas Größerem auf. Also für mich ist das ein herrlicher, ein tröstlicher Gedanke.

Es war mir wichtig, rechtzeitig aufzuhören.
Waltraud Meier

BR-KLASSIK: Als Zuhörer ist man ja auch immer weggeblasen: Wenn's gut funktioniert an dieser Stelle, dann ist es unglaublich beglückend. Ich könnte mir vorstellen, dass man als Sängerin, wenn man es einmal so richtig schön erlebt hatte, dass man dann Angst hat, es nochmal zu singen?

Waltraud Meier: Oh ja, das ist mit allem, was man einmal so richtig gut gemacht hat. Das war oft meine Angst. Vor allem in den letzten Jahren, weil ich gedacht habe, das kann ich jetzt nicht mehr toppen. Das kann jetzt einfach gar nicht mehr so gut sein, wie es mal war. Und das ist kein schöner Gedanke. Deswegen war mir auch wichtig, rechtzeitig aufzuhören.

BR-KLASSIK: Aber das kostet ja Kraft! Und das bewundern ja auch alle an Ihnen: Dass Sie das selbstbestimmt auf dem Höhepunkt ihres Könnens durchgezogen haben. Sie können ja immer noch viele andere tolle Rollen fantastisch singen.

Waltraud Meier: Ja, aber die großen Partien nicht mehr. Jetzt wüsste ich vielleicht, wie man es macht, wie man zum richtigen Ausdruck findet. Aber das ist die Ungerechtigkeit im Leben. Wenn man weiß, wie es geht, dann fehlen einem die physischen Mittel. Aber damit muss ich klar kommen.

Dafür habe ich meinen Beruf gewählt.
Waltraud Meier

BR-KLASSIK: Was war denn Ihr beglückendstes Bühnenerlebnis?

Waltraud Meier: Das war ein "Liebestod" mit Daniel Barenboim an der Mailänder Scala. Die "Tristan"-Premiere war 2007. Das war eine der berühmten "Inaugurazione" der Scala. Diese Produktion mit Patrice Chéreau und Daniel Barenboim war für mich der absolute Höhepunkt meiner Karriere. Da habe ich immer gesagt: Dafür habe ich meinen Beruf gewählt, für diesen Abend.

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Liebestod - Waltraud Meier - Teatro Alla Scala (2007) | Bildquelle: Marcus Vinicius de Paula (via YouTube)

Liebestod - Waltraud Meier - Teatro Alla Scala (2007)

BR-KLASSIK: Man sagt: Der Premierenabend ist meistens gut, weil man die Anspannung in besondere Leistungsfähigkeit umsetzen kann. Am zweiten Abend ist man oft enttäuscht. Stimmt's?

Waltraud Meier: Ja. Der dritte Abend ist dann eigentlich wieder sehr gut. Dann kann es sich auch noch einmal steigern bis zum Schluss. Aber am zweiten Abend lässt die Spannung so unglaublich nach. Da passieren dann so Flüchtigkeitsfehler

Blackout auf der Bühne

BR-KLASSIK: Wo drohen denn eigentlich die Fehler eher – beim Text oder den Noten?

Waltraud Meier: Der Blackout, der droht überall. Wenn Sie einen Blackout haben, kann es sein, dass Sie den Text nicht wissen. Oder dass Sie sich fragen: Hab ich das jetzt gerade eben schon gesungen? Dann wird's gefährlich!

BR-KLASSIK: Haben Sie schon mal Fantasiewörter gesungen, wenn Sie die Melodie noch wussten, aber den Texten nicht mehr?

Waltraud Meier: (lacht) Also ich bin ganz gut im Dichten. Aber ich bin immer im Sinn geblieben.

BR-KLASSIK: Das heißt, der Komponist hat sich am Ende vielleicht sogar gefreut?

Waltraud Meier: (lacht) Ja, vielleicht kann man das als Inspiration für eine alternative Fassung weitergeben.

Der Blackout droht überall.
Waltraud Meier

BR-KLASSIK: Finden Sie eigentlich, dass Wagner ein guter Textdichter ist?

Waltraud Meier: Ja. Man darf ihn natürlich nicht einfach so lesen unabhängig von der Musik. Sondern Wagners Text ist selbst schon Musik. Das ist Klangmalerei, das darf man nicht nur inhaltlich lesen. Die Konsonanten haben einen Sinn. Die Vokale haben einen Sinn.

BR-KLASSIK: Aber manchmal ist er schon unfreiwillig komisch, oder? "Befehlen ließ dem Eigenholde"…

Waltraud Meier: (lacht) …"Furcht der Herrin, ich, Isolde!"

BR-KLASSIK: Reim dich, oder ich fress dich!

Waltraud Meier als Isolde | Bildquelle: picture-alliance/dpa Waltraud Meier als Isolde | Bildquelle: picture-alliance/dpa Waltraud Meier: Ja klar! Es gibt eine Stelle, die reimt sich nie. Die heißt nämlich im Original: "Mein Herr und Ohm, sieh die dir an: ein sanftres Weib gewännst du nie." Und ich habe immer gedacht: Das reimt sich dort nicht. Das geht doch nicht! Und da habe ich in der allerletzten Vorstellung in Bayreuth gesungen: "Mein Herr Marquis! Sieh dir die an: ein sanftres Weib gewinnst du nie." Es hat niemand gemerkt. Nur Barenboim unten am Pult zuckt hoch und schaut: Habe ich da jetzt richtig gehört oder nicht?

BR-KLASSIK: Eindeutig eine verbesserte Fassung!

Waltraud Meier: Fand ich auch, da könnte sich der Wagner eigentlich mal bedanken! (lacht)

Viel von Regisseuren gelernt

BR-KLASSIK: Wann haben Sie eigentlich entdeckt, dass Sie Sängerin werden wollen? Sie hatten ja zunächst auf Lehreramt studiert - Englisch und Französisch...

Waltraud Meier: Ich habe schon immer gerne gesungen. In unserer Familie wurde gesungen – völlig unprofessionell, beim Spülen und Autofahren. Ich war in verschiedenen Chören und dann hab ich mal Gesangsunterricht genommen. Mein Lehrer war der Chordirektor von der Würzburger Oper. Und nach einem Jahr Unterricht hat er mich gefragt, ob ich nicht mal vorsingen möchte, weil die Mezzosopranistin fortging. Dann hab ich vorgesungen und die Stelle gekriegt – ohne je eine Musikhochschule betreten zu haben. Das lief bei mir alles privat ab, und eigentlich recht amateurhaft. Ich habe dann alles in der Praxis gelernt – von guten Musikern, Dirigenten, Repetitoren, Gesangslehrern und von wirklich sehr guten Regisseuren wie Jean-Pierre Ponnelle, Götz Friedrich und Harry Kupfer.

BR-KLASSIK: Haben Sie wirklich von Regisseuren das Singen gelernt haben?

Patrice Chereau | Bildquelle: picture-alliance / KPA Honorar & Belege | - Ein besonderer Regisseur für Waltraud Meier: Patrice Chéreau. | Bildquelle: picture-alliance / KPA Honorar & Belege | - Waltraud Meier: Nicht unbedingt Gesangstechnik, das nicht. Aber nehmen wir Patrice Chereau. Der hat mir das Liebesduett im Tristan analysiert, und zwar wirklich gesanglich analysiert. Der hat sich ja auch gerne, bevor wir irgendetwas szenisch begonnen haben, eine bestimmte Szene erst von uns vorsingen lassen. Und dann hat er die Bilder davon gehabt. Er hatte eine unglaubliche musikalische Intuition. Und er ist absolut flexibel auf die Individualität eingegangen. Wir haben uns ein Jahr vorher zusammengesetzt – mit dem späteren Tristan Ian Storey – und haben improvisiert: Schauspiel, ohne Text und ohne Musik. Patrice Chereau gab uns eine Situation vor, und wir durften nur unsere Körper sprechen lassen. Und das hat uns so aufeinander eingespielt, dass wir später bei den wirklichen Proben eine ganz andere Art hatten, uns die Bälle zuzuspielen. Das war phänomenal. Ich habe das nie vorher und nachher bei einem Regisseur erlebt.

Auf der Bühne muss man wahrhaftig sein.
Waltraud Meier

BR-KLASSIK: Man kann Geschichten erzählen ohne Sprache?

Waltraud Meier: Ja, der Körper spricht – ob wir wollen oder nicht.

BR-KLASSIK: Muss man denn nicht übertreiben, damit es über die Ferne überhaupt wirkt?

Waltraud Meier: Im Gegenteil. Man muss wahrhaftiger werden, ehrlicher werden. Das hat nichts mit Reduktion zu tun, sondern mit Wahrhaftigkeit. Ich habe mit Klaus Michael Grüber gearbeitet. Der hat einem nicht gesagt, mach dieses oder jenes, sondern er hat eine Situation gesagt, und die musste man umsetzen. Fast so eine Art Improvisation. Und dann stand er unten und sagt einfach: nein, das glaube ich dir nicht. Du musst wahrhaftig sein. Wenn du übertrieben bist oder untertrieben, dann bist du es nicht. Das war so schwer dahinzukommen, sich selber zu beobachten – bis man weiß: jetzt mache ich nichts mehr, jetzt bin ich's. Ich darf nicht distanziert sein. Ich muss hinter den Worten stehen, die die Gestalt, die ich darstelle, spricht.

BR-KLASSIK: Auch wenn man einen Bösewichte spielt?

Waltraud Meier: O ja, der Bösewicht hält sich ja nicht für böse. Das ist das Geheimnis. Man darf nicht spielen: Guckt her, ich bin hier der Brunnenvergifter oder die böse Intrigantin. Um Gotteswillen, dann glaubt es keinen.

BR-KLASSIK: Heißt das, dass man sich auch mit den unangenehmen Seiten an einem selber auseinandersetzen muss?

Waltraud Meier: Man hat selber seine Abgründe. Man ist nicht immer edel, hilfreich und gut. Wenn man das irgendwann mal in sich selber sieht, dann sieht man das auch in der Rolle.

Sendung: "Meine Musik" am 9. Januar 2021 ab 11:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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