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CD - Artur Rubinstein spielt Beethovens Klavierkonzerte Nr. 3 & 4

88 Jahre: Für viele ist dies ein biblisches Alter. Und die meisten Musiker haben sich dann bereits zurückgezogen vom Konzertpodium. Nicht so Artur Rubinstein: Er gab sein letztes öffentliches Konzert mit Neunundachtzig in der Londoner Wigmore Hall. Ein Jahr zuvor ließ er es sich nicht nehmen, zum dritten Mal Beethovens Klavierkonzerte für die Schallplatte aufzunehmen, diesmal zusammen mit dem London Philharmonic unter der Leitung des damals gerade 32-jährigen Daniel Barenboim. Die Wiederveröffentlichung der Aufnahme mit Beethovens 3. und 4. Klavierkonzert erschien jetzt als SACD.

CD-Cover: Artur Rubinstein spielt Beethoven | Bildquelle: Dutton Epoch

Bildquelle: Dutton Epoch

Der CD-Tipp zum Anhören

Schon beim ersten Einsatz gibt sich der Klavier-Lyriker Rubinstein zu erkennen. Metrische Zwangsjacken, so wie der von manchem Pianisten gefürchtete Tonleiter-Einstieg des c-Moll-Konzerts, sind ihm offenbar fremd. Und er nutzt die erstbeste Gelegenheit, aus dem allzu schematischen Rhythmus-Korsett auszubrechen - nämlich gleich bei der Wiederholung des Themenkopfes mit der entsprechenden Verzierung: In nur zwei Takten ist der mürrisch auffahrende, rhythmisch-dominante Beethoven-Genius zum Sänger mutiert.

Singendes Klavier

Hier ist eindeutig der Solist der Tonangebende, und Dirigent wie Orchester müssen ihm folgen, wohin auch immer die kantable Reise führen mag. Rubinstein, der gefeierte Chopin-Interpret, lässt, wo immer möglich, das Klavier singen, die Finger perlen - und nimmt sich mit all seiner Erfahrung auch Verlangsamungen und Beschleunigungen heraus, dort wo sie ihm musikalisch notwendig erscheinen.  Bei einer derart befreiten Musizierweise scheinen kleinere Asynchronitäten zwischen Solist und Orchester fast unvermeidbar. Aber das Eigenartige dabei ist: Sie stören nicht im Geringsten das Hörvergnügen. Im Gegenteil - gerade dieser menschliche Faktor, Rubinsteins Markenzeichen, ist es, der diese Aufnahme zu einem echten Erlebnis macht. Auch heute noch, 40 Jahre später.

Revolutionäres Quadrophonie-Verfahren

Auffällig an dieser in der Londoner Kingsway Hall entstandenen Produktion ist die Transparenz - und zwar in jeder Hinsicht: zum einen, was das perlende, niemals forcierte solistische Spiel betrifft; zum anderen die Aufnahmetechnik, die den lichten, streckenweise fast kammermusikalischen Satz kongenial zur Geltung bringt. Dabei wurde ein für damalige Zeiten revolutionäres Quadrophonie-Verfahren angewandt, dessen vier separate Tonspuren für einen sehr differenzierten Höreindruck sorgen und die Grundlage für die jetzt neu veröffentlichte, auch mehrkanalig abspielbare Super-Audio-CD bildeten. Und dafür, dass Rubinstein sich selbst immer als vergleichsweise übe-faul beschrieben hat, erscheint die technische Bravour dieses Achtundachtzigjährigen  beispielsweise im Schluss-Presto des Rondo-Satzes umso erstaunlicher. Diesen begnadeten Klavier-Sänger muss man einfach lieben.

Artur Rubinstein spielt Beethoven

Ludwig van Beethoven:
Klavierkonzert Nr. 3 c-Moll, op. 37
Klavierkonzert Nr. 4 G-Dur, op.58

Artur Rubinstein (Klavier)
London Philharmonic
Leitung: Daniel Barenboim

Label: Dutton Epoch

Sendung: "Leporello" am 31. Januar 2018 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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