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CD - Bertrand Chamayou spielt Sämtliche Klavierwerke von Maurice Ravel

Ravel hat viele Gesichter. Der perfekte Gentleman, der seine kleine Körpergröße durch Kleidung von ausgesuchter, dandyhafter Eleganz zu kompensieren suchte, schrieb oft Musik, die sich vollendet höflich gibt. In den Valses nobles et sentimentales huldigt er mit liebevoller Ironie den Walzern Franz Schuberts.

Bildquelle: Erato

CD Tipp 11.03.2016

Bertrand Chamayou spielt sämtliche Klavierwerke von Ravel

In graziös ausgezirkelten Menuetten beschwört er nostalgisch eine versunkene Welt, in der man mit feinem Lächeln und unter sorgfältiger Beachtung aller höfischen Gepflogenheiten elegant Konversation betrieb. Und in "Jeux d’eau" lässt er die glitzernden Wasserfontänen eines prächtigen barocken Springbrunnens in tausend schillernden Klangtropfen zerstäuben. Doch immer wieder bricht unversehens hinter der scheinbar so eleganten und diskreten Oberfläche von Ravels Musik eine dunkle, unheimliche Seite auf. Dann verlangt er dem Pianisten plötzlich eine geradezu dämonische Virtuosität ab und lässt Nachtfalter, Gnome und am Galgen baumelnde Tote über die Tasten spuken.

Technik und psychologisches Gespür

Ravels Musik ist wie eine Katze, die blitzschnell ihre Krallen ausfahren kann. Wer seine Klavierwerke spielt, braucht im Kopf mindestens eben so viel Reaktionsschnelligkeit wie in den Fingern. Überragende Technik muss sich mit hellwachem psychologischem Gespür verbinden. Bertrand Chamayou verfügt über beides. Die große Stärke seiner Gesamteinspielung ist die Differenziertheit, mit der er für jedes Stück nach einem ganz spezifischen Klangkonzept sucht. Das können weiche, vom Pedal verschleierte Klangwolken sein und in der nächsten Sekunde kristallklar perlende Läufe.

Zwischentöne

Dabei setzt Chamayou nie auf vordergründige Effekte. In diesen zwei CDs hört man brillant gemeisterte, irrwitzig schwierige Passagen - aber nichts vom auftrumpfenden Gestus der romantischen Virtuosität. Chamayou interessiert sich vor allem für psychologische Zwischentöne und klangliche Schattierungen. Um im Bild zu bleiben: Nur selten fährt die Katze ihre Krallen aus. Sicher kann man Ravels Modernität, seinen harmonischen Kühnheiten und seinen Mut zu Dissonanzen noch stärker herausarbeiten. Aber Ravels Musik hat eben viele Gesichter - und ermöglicht sehr unterschiedliche Deutungen. Die von Bertrand Chamayou überzeugt durch Genauigkeit, Klangphantasie und noble Zurückhaltung.

Bertrand Chamayou spielt Ravel

Maurice Ravel:
Jeux d'eau
Pavane pour une infante defunte
A la maniere de Emmanuel Chabrier
Miroirs
Menuet antique
Serenade grotesque
A la maniere de Alexander Borodine
Valses nobles et sentimentales
Almanzor ou le mariage d' Adelaide
Gaspard de la nuit
Menuet cis-moll
Sonatine
Prelude a-moll
Le tombeau de Couperin
Menuet sur le nom de Haydn
Kaddish c-moll

Bertrand Chamayou, Klavier
Label: Erato

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