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CD - Erik Satie The Sound of Erik Satie

The Sound of Erik Satie | Bildquelle: Erato / Warner Classics

Bildquelle: Erato / Warner Classics

Der CD-Tipp zum Nachhören!

Er scharte die wichtigsten Künstlerpersönlichkeiten von Paris um sich und legte den Grundstein für eine musikalische Avantgarde. Er überfrachtete seine Partituren mit skurrilen Randbemerkungen und blieb trotz bester Kontakte doch ein armer Mann. Erik Satie war eine schillernde Künstlerpersönlichkeit, die es so wohl nur Mitte des 19. und im beginnenden 20. Jhdt. in Paris geben konnte. Eine arme Frau, die seine Gymnopédies gehört hatte, schrieb ihm einst: »Monsieur! Seit acht Jahren leide ich an Nasenpolypen, kompliziert durch ein Leberleiden und rheumatische Schmerzen. Nach vier- oder fünfmaliger Anwendung Ihrer Dritten Gymnopédie war ich vollständig geheilt. Nehmen Sie meine ergebensten und dankbaren Grüße entgegen. Frau Lengrenage, Tagelöhnerin in Précigny-les-Balayettes«. Am 17. Mai würde Erik Satie seinen 150. Geburtstag feiern. Zu diesem Anlass erscheint beim Label Erato bereits heute die 3er-CD-Box "The Sound of Erik Satie". Ursula Adamski-Störmer hat sich in den skurrilen Satie-Kosmos hineingedreht.

Die Pointe muss sitzen!

So kennen wir ihn, Erik Satie und seine zuletzt angespielten, offenbar therapeutisch  wirksamen Gymnopédies - neben dem Walzer "Je te veux" und seinen sechs Gnossiennes wahrscheinlich DIE bekanntesten Werke des kauzig-versnobten Schlitzohrs aus der Normandie. Aber sonst? Auf den Bühnen ist er nach wie vor maximal für ein Encore gut, in den Hauptprogrammen ist er nicht oder sehr selten zu finden. Und was ist mit den Pianisten, die doch in einem wahren Meer minimalistischer Miniaturen fingern könnten? Die meisten lassen dieselben von ihm. Warum nur, fragt man sich angesichts eines umfassenden Werkkatalogs, der sich allerdings weit jenseits hehrer Sonatenformen ausbreitet. Bei Satie gilt's der Einfachheit, nicht verhasster monströser Wagnerscher Ausuferungen. Kurz und knackig muss es bei Satie sein - und die Pointe muss sitzen!

Pianistisches Gipfeltreffen

Die drei CDs umfassende Kompilation von Klavier-, Orchester- und Chorwerken Satie's vereint zwischen 1967 und 2015 entstandene Einspielungen, die einen hervorragenden Überblick geben über den Klang des Pariser Bohemiens und augenzwinkernden Musikers mit der gehörigen Portion Schalk im Nacken. Da muss er erst 150 Jahre alt werden, dass man nun seine drei großen kompositorischen Schaffensphasen in einem Schuber kompakt nachhören kann. Allein dafür gebührt der Neuerscheinung größte Aufmerksamkeit! Die Pianistenriege ist ebenfalls vom Feinsten und beweist, welcher Duft, welche Leichtigkeit, welches diebische Blinzeln unter den zarten Klavierminiaturen verborgen ist. Tharaud, Legrand, Ciccolini, Anne Queffélec - ein Gipfeltreffen!

Die Werke Erik Satie's sind durchdrungen von der kategorischen Ablehnung des akademischen Stils des Konservatoriums. Er jonglierte mit Alter Musik, schrieb ohne Taktstriche - was sein Markenzeichen wurde -, entfernte sich peu à peu von der Dur-Moll-Harmonik und landete flugs bei bunt durcheinander gewürfelten Wiederholungspatterns, wie man diese Form des Komponierens Jahrzehnte später bei den Minimalmusikern nennen sollte. Was für ein Visionär!

Der Gaukler unter den Komponisten

Erik Satie, der seinen Lebensunterhalt in den Pariser Cabarets und Kaffeehäusern sicherte, wollte Musik wie Möbelstücke schreiben. Musique d'ameublement - Musik, die da ist, uns umgibt, die wir aber eigentlich gar nicht richtig wahrnehmen. Sie umrieselt uns, doch sie nervt nicht! Ein entscheidender Unterschied zu heutigen Kaufhausmusikfluten. Denn Satie's musikalische Tapeten sind zugleich kunstvolle kontrapunktische Koketterien: Satie ist der Gaukler unter den Komponisten. Seine musikalischen Andeutungen und Aphorismen foppen uns. Wenn wir ihrer Schönheit erliegen wollen, zieht er seine Musik wie einen Teppich unter uns weg. Wie schön, dass wir dem "Sound of Erik Satie" nun fast dreidreiviertel Stunden ununterbrochen lauschen können und dem listigen Komiker mit der Repeattaste ein Schnippchen schlagen können. Wer wohnt schon gern in kahlen Räumen?

The Sound of Erik Satie

Klavier-, Orchester- und Chorwerke
Kompilation von Aufnahmen zwischen 1967 und 2015
Aldo Ciccolini, Michel Legrand, Alexandre Tharaud, Anne Queffélec, Catherine Collard - Klavier
Orchestre National du Capitole de Toulouse, Leitung Michel Plasson
Orchestre de Paris, Leitung Pierre Dervaux u.a.

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