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CD - Nikolai Mjaskowskij Cellosonaten

Manchmal kann der Konzertbetrieb richtig ungerecht sein. Die Cellosonaten von Rachmaninow aus dem Jahr 1901, von Schostakowitsch aus dem Jahr 1934 und von Prokofjew aus dem Jahr 1949 haben ihren festen Platz im klassischen Konzertrepertoire. Aber die beiden ebenso hervorragenden Cellosonaten ihres Landsmanns Nikolai Mjaskowskij? Die werden auf russischen Kammermusikabenden höchst selten gespielt. Wie eigentlich fast alles, was der fleißige und begnadete Mjaskowskij komponiert hat.

CD-Cover Nikolai  Mjaskowskij: Cellosonaten | Bildquelle: Onyx

Bildquelle: Onyx

Der CD Tipp zum Anhören

Nikolai Mjaskowskij: Cellosonaten

Dabei galt Nikolai Mjaskowskij zu Lebzeiten als einer der ganz großen russischen Komponisten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. 1881 geboren, schlug er nicht nur eine Offizierslaufbahn in der zaristischen Armee ein, sondern studierte auch Komposition bei Reinhold Glière und Nikolai Rimski-Korsakow. Am Konservatorium in Sankt Petersburg lernte er Sergej Prokofjew kennen, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband. Im Ersten Weltkrieg schwer verletzt, wechselte er nach der Oktoberrevolution in die Rote Armee und wurde eine der tragenden Säulen des Musiklebens in der Sowjetunion. Dreißig Jahre lang, bis zu seinem Tod 1950, war er erfolgreicher Professor für Komposition am Moskauer Konservatorium. Zu seinen Schülern zählen etwa Aram Chatschaturjan und Dmitrij Kabalewski. Und Mjaskowskij komponierte mit Fleiß, Verve und Erfolg: 27 Sinfonien, 13 Streichquartette, neun Klaviersonaten und mehrere Liedzyklen. Doch all das scheint heute beinahe vergessen.

Melodische Einfälle und starke Emotionalität

Jetzt haben sich zwei junge russische Virtuosen, der Cellist Pavel Gomziakov und der Pianist Andrei Korobeinikov, aufgemacht, wenigstens Nikolai Mjaskowskijs beide Cellosonaten wieder bekannt zu machen. Da gibt es zum einen die ziemlich schwermütige Sonate Nr.1 aus dem Jahr 1911. Einer Zeit, in der Mjaskowskij noch deutlich von der Spätromantik eines Skrjabin inspiriert war. Nur wirkt diese Cellosonate spröder, weniger eingängig und von einem tiefen Pessimismus durchdrungen, was seine Rezeption nicht eben erleichterte. Doch sie steckt voller melodischer Einfälle und besitzt eine starke Emotionalität.

Viel russische Seele

Mjaskowskijs Zweite Cellosonate aus dem Jahr 1948 stellt dieses gelungene Werk aber eindeutig in den Schatten. Obwohl der Komponist in diesem Jahr, wie auch Prokofjew und Schostakowitsch, Stalins lebensbedrohlichen Formalismus-Vorwürfen ausgesetzt war, ist diese Sonate von einer unaufgeregten Noblesse. Ausdrucksstarke Melodien, kantable Themen und sein lyrischer Stil machen Mjaskowskijs Cellosonate Nr. 2 zu einem Meisterwerk, das den Vergleich zu seinen berühmten Kollegen nicht zu scheuen braucht. Pavel Gomziakov und Andrei Korobeinikov interpretieren die Werke technisch perfekt, einfühlsam und mit viel russischer Seele. Jetzt müssen unsere Kammermusiker Mjaskowskijs Cellosonaten nur noch für den Konzertbetrieb entdecken. Es lohnt sich wirklich. Und bis es soweit ist, kann man sich an diesen mustergültigen Aufnahmen satthören.

Mjaskowskij - Prokofjew - Tanejew

Nikolai  Mjaskowskij:
Cellosonate Nr. 1 D-Dur, op. 12
Cellosonate Nr. 2 a-Moll, op. 81
Sergej Prokofjew:
Ballade für Violoncello und Klavier c-Moll, op. 15
Sergej Tanejew:
Canzona für Violoncello und Klavier

Pavel Gomziakov (Cello)
Andrei Korobeinikov (Klavier)

Label: Onyx

Sendung: "Leporello" am 11. Juni 2018, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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