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Einseitigkeit ist seine Sache nicht: Der norwegische Geiger Henning Kraggerud gilt derzeit als einer der herausragendsten Solisten Skandinaviens und gastiert bei den großen Symphonieorchestern zwischen London und Los Angeles. Als Kammermusiker spielt er Violine und Viola. Sein aktuelles Album wartet mit einer Weltersteinspielung auf.

Bildquelle: Naxos

CD-Tipp 27.02.2017

Der CD-Tipp zum Anhören

Es war eine Sensation - zumindest für Norweger! -  als Ende 2015 in der Musikbibliothek der Universität Toronto die Partitur des verschollen geglaubten Violinkonzerts op. 28 von Johan Halvorsen auftauchte. Halvorsen, der über zwei Jahrzehnte lang das Nationaltheater in Oslo als Chefdirigent prägte, galt zu Beginn des 20. Jahrhunderts neben Grieg und Svendsen als führender Komponist Norwegens.

50 Jahre im Tiefschlaf

Die Berliner Philharmoniker brachten Halvorsens Violinkonzert 1909 zur Uraufführung, dann erklang es nur noch wenige Male. Denn der Komponist zog es zurück und vernichtete später das Manuskript, vermutlich weil die unkonventionelle Form mit einer großen Solokadenz gleich zu Beginn kritisiert worden war. Doch die Uraufführungs-Solistin, die junge Kanadierin Kathleen Parlow, hatte eine Partitur mit in ihre Heimat genommen. Mit ihrem Nachlass gelangte sie in die Uni-Bibliothek von Toronto, die sich mit der Aufarbeitung allerdings rund 50 Jahre Zeit ließ. Doch dann ging alles ganz schnell: Der Geiger Henning Kraggerud studierte das Werk seines Landsmannes binnen weniger Monate ein und brachte es im Juli 2016 zur Wiederaufführung und nun zur Weltersteinspielung.

Wiederentdecktes Meisterwerk

Mal verträumt und sanglich, mal zupackend musikantisch und aberwitzig virtuos - Henning Kraggeruds Interpretation ist in jedem Ton ein leidenschaftliches Plädoyer für ein wiederentdecktes Meisterwerk. Und das Malmö Symphony Orchestra mit seinem klaren, transparenten Klang bringt den farbenreichen Solopart großartig zur Geltung. Dass Halvorsen als Schüler von Leopold Auer und Adolf Brodsky selbst ein eminenter Geiger war, hört man seinem Konzert ebenso an, wie seine kompositorische Orientierung an der nationalromantischen Schule Griegs.

Volkstümliche Elemente

Immer wieder meint man eine Hardangerfiedel zu hören und das Finale gibt sich als "Halling" - ein Volkstanz, bei dem der Tänzer im Sprung mit dem Fuß einen Hut von einer Stange zu schlagen versucht. Genauso sportlich peilt der Solist nach halsbrecherischen Läufen noch einen ähnlich "hoch gehängten" Schlusston an: Viel Glück! oder "Lykke til!", wie der Norweger sagt!