BR-KLASSIK

Ein Gamben-Ensemble auf Dowlands Spuren: Die Musiker von Sit fast haben einen Klassiker der Alten Musik eingespielt und dem Werk des zeitgenössischen Komponisten George Benjamin gegenübergestellt.

Bildquelle: © 2017 Evidence Classics

Der CD-Tipp zum Nachhören

Sit Fast- Seven Tears Upon Silence

Sie ist ein Klassiker der Musikgeschichte und John Dowlands unverkennbares Markenzeichen: eine Melodie voller Melancholie in sanftem Pavanenrhythmus. Dowland veröffentlichte sie Anfang des 17. Jahrhunderts als Lutesong und als Zyklus für Streicherensemble und Laute. Sogar der Popmusiker Sting hat das "Flow my tears", so der Titel der Vokalversion, schon gesungen. Den Lacrimae-Zyklus mit sieben Variationen über Dowlands Pavane hat nun das französische Gamben-Ensemble Sit fast neu eingespielt. 

"Seven Tears upon Silence" haben die Musiker das Album genannt. Es ist ein Spiel mit den Namen zweier Kompositionen: "Sieben Tränen", so der alternative Titel des Lacrimae-Zyklus' von Dowland und "über die Stille" ein Werk des 1960 geborenen Komponisten George Benjamin. Das zeitgenössische Stück führt das kontrapunktische Stimmengeflecht des 400 Jahre älteren Werkes in die Moderne über und reflektiert außerdem dessen melancholischen Grundton. Der Mezzo-Sopran von Sarah Breton mischt sich stimmig in den Gesamtklang.

Liebeserklärung an die Viola da Gamba

Die Einspielung klingt wie eine Liebeserklärung an die Viola da Gamba: mit ihrem warmtiefen Klang trifft sie den melancholischen Klang der Stücke auf die Nuance genau. Großes Plus des Albums: Die Musiker verstehen die Lacrimae-Pavane trotz ihres fast popmusikgleichen Wiedererkennungswerts nicht bloß als eine Art frühneuzeitlichen Radio-Jingle, sondern sie nehmen sich auf ihrer CD Zeit für alle sieben Einzelsätze. Das lässt dem Werk Raum zur Entfaltung. Alles fließt! Unendlich wie ein immer wiederkehrendes Mantra scheinen sich die Lamento-artigen Linien fortzuspinnen.

"Seven Tears Upon Silence" ist die dritte CD von Sit fast. Chronologisch hat sich das Gamben-Ensemble rückwärts durch die Geschichte der Polyphonie gearbeitet und spannt gleichzeitig den Bogen in die Gegenwart: Nach Bachs Kunst der Fuge und Purcell-Fantasien nun also Dowlands Lacrimae und Benjamins Upon Silence. Dem Ensemble gelingt eine Einspielung, die zum Verweilen einlädt und zum echten Hinhören. Dafür sollte man sich unbedingt Zeit nehmen!

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 16. Juli 2017, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK