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CD - Josef Suk "Asrael"

"Ich kann mit niemandem sprechen, meine ungeheure Qual treibt mich von Ort zu Ort - und je länger sie dauert, desto stärker schmerzt mich mein Herz - mein Leiden ist mehr, als ein Mensch ertragen kann." Zwei Schicksalsschläge hatten Josef Suk 1905 in tiefste Verzweiflung gestürzt: Im Jahr zuvor war sein Lehrer und Schwiegervater Antonín Dvořák gestorben. Suk war mitten in einer Gedenk-Komposition für seinen Mentor, als ihn auch noch die Nachricht vom Tod seiner Frau Otylka ins Mark traf.

CD-Cover Josef Suk: "Asrael" | Bildquelle: Oehms Classics

Bildquelle: Oehms Classics

Der CD-Tipp zum Anhören

Beiden widmete Suk dann seine Trauer-Symphonie "Asrael", benannt nach dem Todesengel der islamischen und jüdischen Mythologie. Mit Strahlkraft und Streicherschmelz geben die Essener Philharmoniker Suks Schmerz beredten Ausdruck - Tomáš Netopil sorgt am Pult für Präzision und Durchhörbarkeit.

Rahmensprengende Komposition

Mit ihren fünf Sätzen sprengt Suks "Asrael"-Symphonie den klassischen Rahmen. Vier davon haben feierlich-elegischen Charakter, im Zentrum steht ein gespenstisch fahles, fratzenhaft grelles Scherzo - nicht nur hier wird eine Nähe zu Gustav Mahlers disparater Ausdruckswelt spürbar. Prägnant reizt Netopil die harmonischen und rhythmischen Schärfen in diesem Totentanz aus.

Zum Dirigenten

Der tschechische Dirigent Tomáš Netopil, Jahrgang 1975, fing als Geiger an, bevor er sich in seiner Heimat und bei Jorma Panula in Stockholm das Rüstzeug fürs Dirigieren holte. Netopil ist ein versierter Opernmann, auch an der Bayerischen Staatsoper in München war er schon zu Gast. Bis 2012 war er Musikchef am Prager Nationaltheater, seit 2013 ist er Generalmusikdirektor der Essener Philharmoniker, die vor allem das Opernhaus dort, das Aalto-Theater, bespielen.

Breite Farbpalette

In seinem instrumentalen Requiem ist Suk - fern aller Folklore - höchst eigentümliche Musik zwischen Spätromantik und Impressionismus gelungen. Netopil entlockt seinen Essener Musikern eine breite Farbpalette, die von ausgedörrten bis zu schwerblütigen Klängen reicht. Nach dem Tod seiner Frau Otylka änderte Suk seine ursprüngliche Konzeption und ließ auf das Scherzo einen bittersüßen Klagegesang folgen.  Ein weiteres, düsteres Adagio beschließt Suks "Asrael"-Symphonie, die komponierte Trauerarbeit ist. Sehnsuchtsvolle Momente des Innehaltens wechseln in diesem Finale mit hochgepeitschten Emotionen und wild vorwärtsdrängenden Passagen.

Entschweben in höhere Sphären

Für alle Gefühlslagen findet Tomáš Netopil die passenden Tonfälle, ohne je in Sentimentalität zu verfallen. Am Ende, wenn die c-Moll-Tragik in tröstliches C-Dur umschlägt, lässt er seine Musiker mit zartesten Klangfarben in höhere Sphären entschweben. Und die Essener Philharmoniker folgen ihm auf erstaunlichem Niveau - ein schöner Leistungsbeweis der flächendeckenden deutschen Orchesterkultur.

Josef Suk: "Asrael"

Josef Suk:
Symphonie c-Moll op. 27 "Asrael"

Essener Philharmoniker
Leitung: Tomáš Netopil

Label: Oehms Classics

Sendung: "Leporello" am 21. Juni 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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