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CD - Tom Sora "Wechselspiele"

Eigentlich wollte der Rumäne Tom Sora ja Pianist werden. Aber dann kam einiges dazwischen: seine Liebe zur Bildenden Kunst, zur Musiktheorie, zur Wissenschaft. Noch immer beschäftigen ihn die unterschiedlichsten Dinge. Zwischendrin hat er eine Doktorarbeit über politische Philosophie geschrieben, diverse musiktheoretische Schriften verfasst, seit Jahren unterrichtet er Komposition, Klavier und Musiktheorie - aber er, der selber nie Kompositionsunterricht hatte, ist längst ein angesehener Tonsetzer.

CD-Cover: Tom Sora - Wechselspiele | Bildquelle: Wergo

Bildquelle: Wergo

Der CD-Tipp zum Anhören!

Für seine Porträt-CD braucht man starke Nerven. Zumindest stellenweise. Und das nicht, weil sie nicht gut wäre - ganz im Gegenteil. Sie klingt sogar immer wieder richtig schön. Schön im Sinne von: harmonisch, rund, ausgewogen. Aber Tom Sora wäre nicht Tom Sora, wenn es allein beim Wohlig-Schönen bliebe. Und dann kommen sie auch: schneidende Klänge, schmerzhaft scharf. Und die kratzen schon mal am Nervenkostüm. Tom Soras besonderer Kniff: Er siedelt seine Musik gerne in den Extremlagen an, in ganz tiefen und in den höchsten Gefilden. Schneidend wie Soras Musik klingt auch der Sopran von Sarah Maria Sun, etwa in Tom Soras Komposition "Wer sich nicht…., wird nicht...". Der elliptische Titel des Stückes geht zurück auf eine Zeile, die Sora in einem Zeitungsinterview gelesen und dann um ihre wesentlichen Wörter gekürzt hat. Sarah Maria Sun, viele Jahre Erste Sopranistin der Neuen Vocalsolisten Stuttgart, ist hier mit kompletter Stimme gefordert: Ihr Gesangspart erstreckt sich über nahezu drei Oktaven, und erneut zeigt sich Tom Soras Vorliebe für extreme Tonlagen und messerscharfe Genauigkeit. Dazu präzise klapperndes Schlagwerk.

Elektrische Gitarren-Glissandi

In einem anderen Stück, das "Heavy Metal" heißt und auch so klingt, schneidet einem zwar nichts scharf ins Ohr, dafür bohrt es umso heftiger. Gitarren-Glissandi wecken Assoziationen an bekanntes Rockmusik-Repertoire. Auch dieses Stück trägt ein präziser Rhythmus, der dadurch noch verschärft wird, dass Sora dem Schlagzeuger, in dem Fall Thomas Hastreiter, härtere als die gewöhnlichen Schlägel vorschreibt.

Aus Collagen werden Einheiten

Zwei Prinzipien kennzeichnen die Musik des in München lebenden und ursprünglich aus Bukarest stammenden Komponisten: Klarheit und Struktur. Oft sind es kleine Ideen, musikalischer oder außermusikalischer Natur, die seinen Kompositionen zugrunde liegen. Mit Vorliebe collagiert er Text und Musik. Um daraus eine Einheit zu schaffen, die man sich vorstellen müsse wie den Ozean und den Himmel. So jedenfalls empfiehlt es der Komponist: Denn beide, Himmel und Ozean, wirken wie zwei voneinander unabhängige Schichten, doch sie berühren einander und werden so ein harmonisches Ganzes.

Scharf- und Schönklang

Und im Grunde ist das mit dieser CD auch ein bisschen so: Viele Dinge stehen nebeneinander, passen auf den ersten Blick vielleicht nicht richtig zusammen: tiefe und hohe Lagen, verschiedene Stil-Ebenen, fremde und eigene Texte, Scharf- und Schönklang. Aber es lohnt sich, das auszuhalten. Einerseits, weil es fantastisch musiziert ist. Und andererseits, weil die Brücken, die Tom Sora baut - von Extremlage zu Extremlage, vom Text zur Musik, vom Scharf- zum Schönklang -, eine herrliche Sicht bieten auf eine überaus spannende Klanglandschaft.

Tom Sora: "Wechselspiele" - Musik für Stimme und Instrumente

"Gruppenzwänge" für Streichtrio
"frei sein" für 2 Gitarren
"Stahlbauten" für Klavier
"Wer sich nicht ..., wird nicht ..." für Sopran und Schlagzeug
Streichtrio Nr. 2
"Heavy Metal" für E-Gitarre und Schlagzeug

Sarah Maria Sun (Sopran)
Tom Sora (Bariton)
trioCoriolis
Gitarrenduo Steuber.Öllinger
Andreas Skouras (Klavier)
Thomas Hastreiter (Schlagzeug)

Label: Wergo | Koproduktion mit dem BR

Sendung: "Leporello" am 12. Mai 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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