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Beethoven

Freiheit über alles

Ludwig van Beethoven – Eine Hörbiografie "Diese Gier nach einem Glück im Leben"

Die BR-Klassik-Hörbiografie mit dem Untertitel "Freiheit über alles" erzählt das Leben des Komponisten Ludwig van Beethoven. Der Musikwissenschaftler Jörg Handstein hat sie geschrieben, Udo Wachtveitl ist der Erzähler.

Udo Wachtveitl bei den Sprachaufnahmen im Studio des Münchner Funkhauses | Bildquelle: BR/Bernhard Neuhoff

Bildquelle: BR/Bernhard Neuhoff

Ludwig van Beethoven ist verliebt. Er schreibt am Morgen des 7. Juli 1812 an seine Traumfrau: "Schon im Bette drängen sich die Ideen zu dir meine Unsterbliche Geliebte". Bis heute ist die Identität der Frau ungewiss, erklärt der Musikwissenschaftler und Autor Jörg Handstein. "Ich hab bewusst keine These geäußert, weil es davon schon viele gibt, sondern die Sache in ihrer Offenheit gelassen. Denn man kann trotz der Behauptungen, die immer wieder vorgebracht werden, nicht sagen, wer sie wirklich war."

Jörg Handstein lehnt sich im Studiosofa zurück. Es ist die Mittagspause eines anstrengenden Tages – die Sprachaufnahmen für die Beethoven-Hörbiografie "Freiheit über alles" sind in vollem Gange. Sie wird ab Montag, 30. November, wochentags um 18.05 Uhr auf BR-Klassik gesendet. Handstein hat die zehnteilige Sendung recherchiert und geschrieben, jetzt arbeitet er mit Redakteur Bernhard Neuhoff und den Tontechnikern im Studio daran, dass aus einem Text eine akustische Erzählung wird. "In einer Komponistenbiografie die Musik selbst hineinzubringen, nicht bloß als trockenes Notenbeispiel, das ist erstmals in dieser Form der Hörbiografie vorhanden", erklärt Handstein.

Udo Wachtveitl | Bildquelle: picture-alliance/dpa Erzähler der Hörbiografie: Udo Wachtveitl | Bildquelle: picture-alliance/dpa Musik, Text und Originalzitate greifen bei der Hörbiografie ineinander. Es ist ein Erfolgskonzept, das 2010 mit einer biografischen Reihe über Gustav Mahler begann, erzählt Bernhard Neuhoff. Es folgten zwei Jahre später eine Biografie Richard Wagners, dann wegen des großen Erfolges im jährlichen Rhythmus Giuseppe Verdi, Wolfgang Amadeus Mozart und nun Beethoven. Das Team ist immer dasselbe – auch dies ist ein Erfolgsgeheimnis der Reihe. Schon während die einzelnen Teile in der Vorweihnachtszeit gesendet werden, überlegen Bernhard Neuhoff und Jörg Handstein, wer der nächste Komponist sein wird, den sie porträtieren. Handstein recherchiert dann viele Wochen lang, sitzt danach insgesamt drei Monate lang am Manuskript, bis man sich schließlich im Studio zu den Aufnahmen trifft, mit Papierbergen für die Sprecher und Kaffeetassen für das Produktionsteam. Beethoven war ein schwieriger Kandidat, so Handstein: "Das Besondere beim Konzept der Hörbiografie ist, dass Erzählung und Musik sehr eng zusammenwirken und aufeinander bezogen sind. Das funktioniert sehr gut, wenn die Musik biografisch motiviert ist. Das ist bei Beethoven eher nicht der Fall. Man kann bei ihm nicht sagen, dass er aus seinem inneren Erleben, aus seiner biografischen Situation heraus komponiert hat, sondern er hat Ideen und musikalische Einfälle verfolgt." Der unsterblichen Geliebten ist keine Symphonie, nicht einmal eine Etüde gewidmet. Und hinzugedichtet wird bei den Hörbiografien grundsätzlich nichts.

Cornelius Obonya | Bildquelle: Anjeza Cikopano Spricht den Beethoven: Cornelius Obonya | Bildquelle: Anjeza Cikopano Mit Briefen und anderen Quellen ergibt sich dennoch ein detailliertes Lebensbild des Komponisten. Für Selbstzeugnisse leiht ihm der österreichische Schauspieler Cornelius Obonya seine Stimme. Das Gros der Texte aber spricht der Erzähler. Der sitzt in der Pause auf einer Bank im Foyer des Studiogebäudes und tippt auf seinem Smartphone: Udo Wachtveitl, Sprecher und Schauspieler, berühmt für seine Rolle als Kommissar im München-"Tatort". Auch die früheren Hörbiografien hat er eingesprochen. "Am meisten berührt mich bei solchen Leuten immer dieses Ringen um Glück. Diese Gier nach einem Glück im Leben", erklärt er die Faszination der Komponistenbiografien. "An Beethoven berührt mich, dass er ein Star seiner Zeit und dennoch so zerrissen und unglücklich war. Und dann in seinem speziellen Fall noch diese Schwerhörigkeit – dieses Abgeschnittenwerden oder -sein vom Hauptquell seines Lebens."

Das erste Beethoven- Erlebnis hatte Wachtveitl in der Schulzeit: "Unsere Musiklehrerin hat 1970 die Tatsache, dass in der Hitparade Miguel Ríos mit ,A Song of Joy‘ zugegen war, genutzt, um uns etwas über Beethoven zu erzählen", erinnert er sich. Der Song ist eine Bearbeitung von Beethovens 9. Sinfonie. Wachtveitl gesteht: "Ich fand damals beides für mich überhaupt nicht von Belang. Mich haben Hendrix und Zappa interessiert." Wer heute Beethoven hören möchte, findet seine Musik regelmäßig im Programm von BR-Klassik und im Bayerischen Fernsehen. Zum Hören daheim empfiehlt Udo Wachtveitl die "komplizierte und irrwitzig schnell gespielte" Hammerklaviersonate (op. 106). Jörg Handstein rät zum Streichquartett Nr. 15 in a-Moll (op. 132), denn im Vergleich zu den Symphonien sei "in der Kammermusik ein tiefgehender und feinerer Beethoven" zu erleben. Noch einen Kaffee, und dann geht es auch schon weiter mit den Aufnahmen.

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