Das Musiktheater spielte eine wichtige Rolle in der nationalsozialistischen Propaganda - gerade in Nürnberg. "Die Meistersinger von Nürnberg" zur Eröffnung der Reichsparteitage im Opernhaus beispielsweise oder "Die Götterdämmerung" als letzte Vorstellung vor der kriegsbedingten Schließung aller Theater. Opernbühne und Stadt traten dabei oft in einen inszenierten Dialog.
Bildquelle: © Scherl/Süddeutsche Zeitung Photo
Ausstellung in Nürnberg
"Hitler.Macht.Oper"
Der Ausstellungtitel "Hitler. Macht. Oper" ist ein doppelsinniges Wortspiel. Denn Adolf Hitler liebte Opern und hätte selbst gerne an Opernproduktionen mitgewirkt. Bereits in seiner Wiener Zeit beschäftigte er sich mit Entwürfen zu Bühnenbildern. An die Macht gekommen, unterstützte er Bayreuth durch seine Präsenz und den Kauf von Kartenkontingenten. Insbesondere in Nürnberg griff er sogar in den Spielplan und die Architektur des Opernhauses ein.
Zum anderen geht es in der Ausstellung um die zahlreichen Mittel des Musiktheaters als Gesamtkunstwerk, wie Fahnen, Fanfaren, Lichtregie, Inszenierung dramatischer Auftritte, die Hitler direkt zu seiner Selbstdarstellung als "Führer" und für ästhetische Überwältigungsstrategien bei öffentlichen Auftritten übernommen hat. Das war der wesentliche Aspekt für die Konzeption von Anno Mungen, dem Leiter des Forschungsinstituts für Musiktheater im oberfränkischen Thurnau. Ein wichtiger Teil der Ausstellung seien daher die sogenannten Vertiefungsbereiche: Hier wird beispielsweise näher erläutert, was während der Reichparteitage in der Stadt oder draußen auf dem Gelände passiert ist.
Im Grunde genommen ist der Besucher Mitakteur.
Inmitten wuchtiger Backsteinmauern hat Bühnenbildner Hermann Feuchter in der großen Ausstellungshalle des Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände auf einer Fläche von mehr als 500 qm einen abstrahierten Theaterbau in Kulissenbauweise hineingestellt, in Schwarz und Grau-Tönen gehalten. Hermann Feuchter erläutert: "Im Grunde genommen ist der Besucher Mitakteur. Also er betritt das Theater, den Eingang, geht in das Zimmer des Theaterdirektors, des Intendanten, durch diesen langen Flur, eine gekippte Bühne und einem halbrunden Zuschauerraum, angedeutet und stilisiert mit einem abgerissenen Vorhang, also eine etwas aus dem Lot geratene Bühne."
Ausgestellt sind Fotos von Stadtansichten und Aufmärschen, von Produktionen, Bühnenbildern und dem berühmten "Licht-Dom", einer mit Flakscheinwerfern erzeugten gigantischen Säulenhalle aus Licht, außerdem Portraits von Künstlern, Faksimiles von Kompositionen und Originaldokumente von Korrespondenzen. Sorgfältig erarbeitete Hinweistafeln mit historischen Verweisen geben Aufschluss über die Vorgänge rund um die Nürnberger Oper während der NS-Zeit und beleuchten exemplarisch die Instrumentalisierung von Kunst für politische Propaganda.
Das Konzept der Ausstellung ist stark auf die Inhalte ausgerichtet, was dem Leiter des Dokumentationszentrums, Florian Dierl, sehr entgegenkommt. "Die Dreigestaltigkeit dieses Opernhauses, einmal der Hinweis auf das Intendantenzimmer, dann die Verbindung zu den Reichsparteitagen und schließlich auch der Untergang des Regimes, der mit der letzten Opernaufführung im Nürnberger Opernhaus, der "Götterdämmerung" symbolisiert wird, ergibt ein Zusammenspiel, gewissermaßen den Spannungsbogen von den großkotzigen Anfängen des Regimes, den Versuch größte Erwartungen bei der Bevölkerung zu erwecken und diese zu befriedigen, und im kläglichen Scheitern als Endpunkt hervorruft.
Die Ausstellung im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände basiert auf Forschungsergebnissen des DFG-Projekts "Inszenierung von Macht und Unterhaltung. Propaganda und Musiktheater in Nürnberg 1920–1950". Es wurde auf Initiative des Staatstheaters Nürnberg vom Forschungsinstitut für Musiktheater Thurnau, einer Einrichtung der Universität Bayreuth, durchgeführt und soll bis Frühjahr 2019 fortgesetzt werden.
Sendung: "Allegro" am 13. Juni 2018, 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK
"Hitler.Macht.Oper" - Propaganda und Musiktheater in Nürnberg
Im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände
Vernissage am 14. Juni 2018
Ausstellung vom 15. Juni 2018 bis 3. Februar 2019
Eintritt frei
Begleitend zur Ausstellung findet ein umfangreiches Beiprogramm mit verschiedenen Konzerten und Führungen statt, entwickelt vom Staatstheater zusammen mit dem Forschungsinstitut für Musiktheater Thurnau.
Im Juli erscheint zusätzlich noch ein umfassender Katalog zur Ausstellung.
Weitere Informationen zur Ausstellung und zum Begleitprogramm finden Sie unter museen.nuernberg.de.