Das Bayerische Staatsballett eröffnete die Ballettfestwoche 2017 in München mit einer getanzten Version des Kinderbuch-Klassikers "Alice im Wunderland". Ein Abend, der mit maßgeschneiderter Musik überzeugte und mit Solisten, die mit ihren facettenreichen Leistungen mal an Fred Astaires lässige Steppkünste erinnerten und mal gekonnt die Sprache des klassischen Balletts karikierten.
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Eine Gartengesellschaft, ganz auf viktorianisch getrimmt, tänzelt geziert, gestikuliert übertrieben mit spitzen Fingern, nimmt plaudernd an einer Tafel Platz. Ein trotzköpfiges Mädchen wirbelt lieber mit Sprüngen und Pirouetten herum, statt ruhig zu sitzen: Das ist Alice. Einer der Gäste fotografiert sie, vom Blitzlicht steigt eine Rauchwolke auf. Plötzlich schimmert alles bläulich. Zuckend verwandelt sich der Fotograf in ein Kaninchen, mit Stummelschwanz und Janis Joplin-Brille. Ein beherzter Handgriff reicht - schon hat das Tier die protestierende Alice unterm Arm, dass die Spitzenschuhe nur so trommeln. Ab geht die Post ins Kaninchenloch! Auch für den Zuschauer. Eine Videoprojektion auf der Bühne suggeriert eine rasante, schwindelerregende Reise unter die Erde - in eine verrückte Welt, in der alles relativ ist - ob man groß ist oder klein, Mensch, Grinsekatze oder Spielkarte.
Nach jedem durchgestandenen Abenteuer, bei den Spielkarten, im Garten der Herzkönigin oder auch im Blumengarten, setzt Choreograph Wheeldon eine ruhigere Episode: einen Pas de deux auf fast leerer Bühne. Oder ein neoklassisch gehaltenes Adagio. Maria Shirinkina als Alice beherrscht diesen Bewegungskanon perfekt, ihre Gestik und Mimik sind sympathisch neugierig. Schwerelos erscheint sie im Pas de deux mit dem Kaninchen und vor allem mit ihrem Herzbuben. Den tanzt Vladimir Shklyarov mit viel verliebter Hingabe und federnder Sprungkraft.
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Beim großen Showdown im 3. Akt zeigt die verbitterte mordlustige Herzkönigin zum ersten Mal tatsächlich Herz und lässt den Herzbuben von Alice doch nicht köpfen. Viel Applaus gab es an dieser Stelle für Severine Ferrolier - es braucht schon viel Selbstironie, wenn man im Spagat über den Boden robbt und so typisch klassische Ballettfiguren karikiert. Zum Schluss: Happy End für Alice, die nach ihrer Reise durch das Wunderland zur jungen Frau gereift ist, und für ihren Herzbuben.
Viel Szenenapplaus gab es und einen von Jubel begleiteten Schlussapplaus als Dank an die mitunter witzige, stets voller Freude tanzende Compagnie des Bayerischen Staatsballetts.
Choreographie: Christopher Wheeldon
Komposition: Joby Talbot, Nicholas Wright
Nationaltheater München
Premeire: 3. April 2017
Weitere Termine und Infos finden Sie unter staatsoper.de.