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Kritik – "Lohengrin" in Bayreuth Zauberhafter Wagner-Klang bei schwacher Regie

Am 26. Juli feierte Wagners "Lohengrin" in der Inszenierung von Yuval Sharon seine Wiederaufnahme bei den Bayreuther Festspielen. Überzeugen konnte er mit seinem Regiekonzept noch immer nicht. Trotz der lähmend statuarischen Regie wurde es ein musikalisch erfolgreicher Abend, was vor allem an dem wunderbaren Dirigat von Christian Thielemann lag.

Szenenbild Wagners "Lohengrin" - Bayreuther Festspiele 2019 | Bildquelle: Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath

Bildquelle: Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath

Silbrig-ätherische Klänge kann er ebenso zaubern wie atemberaubende Steigerungen: Christian Thielemann kennt – und kann seinen Wagner. Das zeigt sich gleich im "Lohengrin"-Vorspiel mit seiner mystischen Grals-Atmosphäre. Wie kein Zweiter beherrscht Thielemann die Finessen und Tücken der Bayreuther Akustik. Zwischen Debussy-hafter Zartheit und staatstragendem Pomp bietet sein "Lohengrin" alles.

Thielemann zaubert perfekten Wagner-Klang

Das bestens vorbereitete Festspielorchester ist auf seinen Musikdirektor eingeschworen, bietet ihm lyrische Streichergesänge, warmes Holz und rundes, strahlkräftiges Blech. Wann hätte man die Bühnenmusik bei Wagner je so perfekt erlebt wie hier? Und im Kontakt mit dem stimmgewaltigen Festspielchor, wieder brillant einstudiert von Eberhard Friedrich, wackelt nichts.

Unbeholfene Inszenierung von Yuval Sharon

Es hätte ein grandioser "Lohengrin" werden können. Wäre da nicht die lähmend statuarische, handwerklich unbeholfene Inszenierung von Yuval Sharon, die auch im zweiten Jahr keine schlüssige Deutung erkennen lässt. Bewusst naiv hangelt sich Sharon am Libretto entlang – er will nur ein Märchen erzählen. Klar, dem Regisseur war durch die Bühnenprospekte des Leipziger Maler-Stars Neo Rauch und seiner Partnerin Rosa Loy eine starke Setzung vorgegeben.

Bilder von der Inszenierung finden Sie hier.

Szenenbild Wagners "Lohengrin" - Bayreuther Festspiele 2019 | Bildquelle: Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath Bildquelle: Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath Die romantisch blauen Wolkenformationen und Landschaftsszenarien der beiden sind fraglos dekorativ – aber auch sehr viel harmloser, als es Rauchs unheimliche, surreale Bilder sonst sind. Und die Elektrifizierung durch Umspannwerk, Trafo-Häuschen und zuckende Blitze sorgt nicht wirklich für Spannung. Die symbolträchtigen, hochmanierierten Kostüme sind eine zusätzliche Hypothek. Dieses Setting hätte ein findiger Regisseur nutzen können, um mit packender Personenregie Fragen zu stellen, Szenen einer wahrlich fragwürdigen Ehe zu inszenieren. So aber: Oper in all ihrer Künstlichkeit. Und: Was hat das mit uns heute zu tun?

Große sängerische Leistung mit kleinen Defiziten

Fünf gestandene Wagner-Sänger teilen sich in diesem "Lohengrin" die Hauptrollen. Neu im Ensemble und erst kurz vor der Wiederaufnahme eingesprungen war Camilla Nylund: Zwar gibt sie der Elsa in der Traumerzählung auch berührend zarte Farben, aber mit ihrem flackernden Timbre erreicht sie in der Höhe ihre Grenzen. Mit großer stimmlicher Attacke, nicht ohne Schärfen porträtiert Elena Pankratova die Ortrud als machtgeile, giftige Matrone.

Den ganzen Opernabend können Sie hier anhören.

Tomasz Konieczny ist als Telramund ein geifernder Bösewicht wie aus dem Bilderbuch – dabei trägt er mit seinem dröhnenden Organ oft zu dick auf. Der wortprägnante Georg Zeppenfeld ist sowieso immer eine sichere Bank, sein König Heinrich tönt gewohnt sonor. Und der Titelheld? Klaus Florian Vogt ist ein erfahrener und langjähriger Lohengrin, gerade in Bayreuth. Sein wenig körperhafter, heller Tenor ist voluminöser geworden – hat aber auch an Leichtigkeit verloren, nicht ohne Anstrengung stemmt Vogt die Spitzentöne in der Gralserzählung. Bayreuth kann sich auf Piotr Beczala und Anna Netrebko freuen - sie übernehmen Lohengrin und Elsa im August.

Sendung: "Piazza" am 27. Juli ab 8:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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