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Kritik - Bellinis "La Sonnambula" an der Deutschen Oper Mit schlafwandlerischer Sicherheit zum Erfolg

Hübsches Landei liebt Schmelz-Tenor, der aussieht wie der junge Berlusconi, versiebt aber beinahe die Hochzeit, weil sie nachts schlafwandelt und im Bett des sehr viel attraktiveren Grafen landet. Zum Schluss kriegt Amina ihren Elvino, Happy End im Alpendorf. Das hört sich nach einer typischen italienischen Gebrauchsoper des 19. Jahrhunderts an: viel Dreivierteltakt, viel buffa, eingängige Melodien und viel Komik. Doch das Melodrama "La Sonnambula" geht tiefer, ist poetischer als die etwas schlichte Handlung vermuten lässt.

Die Kritik zum Anhören:

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Zwei Opern von Vincenzo Bellini werden seit ihrer Uraufführung kontinuierlich gespielt: "Norma" und "La Sonnambula". In beiden hat die Callas Maßstäbe gesetzt. Beide sind nicht leicht zu inszenieren, die Gefahr des Kitsches lauert in jeder Szene. Die Deutsche Oper Berlin hat daher einen klugen Weg gewählt: Statt sich die gefühlt tausendste Neuinszenierung dieses Italo-Hits zu leisten, hat Intendant Dietmar Schwarz stattdessen den vielfach preisgekrönten Starregisseur Jossi Wieler gebeten, seine Stuttgarter Inszenierung von 2012 in Berlin neu einzurichten.

Herrlich fürchterliche Bühne

Diese Methode, wegweisende Inszenierungen zu übernehmen, ist vernünftig und wird dennoch von Kritikern oft gescholten. Sechs Neuinszenierungen pro Spielzeit mit Bühnenbild kann sich die Deutsche Oper aber nicht leisten, und überhaupt: Welcher Berliner reist nach Stuttgart, um sich eine "Sonnambula" anzuhören? Wieler hat sechs Wochen intensiv mit dem Berliner Team gearbeitet, und das Ergebnis wird ein Dauerhit am größten Berliner Opernhaus werden. Denn Wieler hat die Story in die spießigen Fünfzigerjahre verlegt: mit einer herrlich fürchterlichen Bühne von Anna Viebrock. Im tonnenförmigen Gewölbe einer Wirtsstube stehen riesige Schrankkästen an der Wand, manche mit Glasscheiben und Vorhängen dahinter - jeder über Fünfzig kennt diese Schreckensmöbel noch mindestens aus der Verwandtschaft. Da hockt die Wirtin Lisa, raucht und ist sauer.

Landei produziert Spitzentöne

Die australische Sopranistin Alexandra Hutton, gertenschlank im Secondhand-Angorapulli mit beigefarbenem Schlitzrock, spielt die verlassene Lisa so hinreißend komisch, dass wir manche stimmlichen Unebenheiten am Schluss gerne überhören. Amina, die Russin Venera Gimadieva, weiß, dass alle Koloraturfans Maria Callas im Ohr haben. Sie ist das tugendhafte Landei, das gern schlafwandelt. Und dabei Spitzentöne im Akkord produzieren muss.

Frauen in Schürzen, Männer mit Äxten

Venera Gimadieva als Amina, Ante Jerkunica als Rudolfo | Bildquelle: Bernd Uhlig Elvino, den Bräutigam im Berlusconi-Style, singt der Mexikaner Jesus Leon mit Schmackes. Stimmlich am stärksten ist Graf Rudolfo: Der schlank-schön-große Kroate Ante Jerkunica ist zurecht einer der gefragtesten Bässe auf internationalen Bühnen. Und Helene Schneidermann als Pflegemutter singt die sicherste Sopranpartie. Der eigentliche Star aber ist die Inszenierung selbst. Der Chor gibt eine tumbe, emotionsgeschüttelte Dorfgemeinschaft, alle Frauen in hässlichen Kittelschürzen, die Männer mit Äxten bewaffnet. Ab und zu huscht ein Gespenst durch die Szenerie. Amina in zehn Jahren: fett, hässlich, ungeliebt kauert das Monster zum Schluss auf einem braunen Monsterschrank und gibt dem Happy End den entscheidenden Grusel, der diese Inszenierung so außergewöhnlich macht.

Das Publikum feiert das Ensemble

Der Dirigent Diego Fasolis, ein Barockspezialist, hat zur Hauptprobe aus künstlerischen Gründen den Stab hingeworfen. Sein Assistent Stephan Zilias hat die musikalische Leitung übernommen, etwas schleppend in den Tempi, aber zu Recht gefeiert, da er die Premiere gerettet hat. Der Jubel für das gesamte Ensemble wollte nicht enden.

Mehr zur Inszenierung

Vincenzo Bellini:
"La Sonnambula"

Deutsche Oper Berlin
Regie: Jossi Wieler

Chor und Orchester der Deutschen Oper Berlin
Leitung: Stephan Zilias

Informationen zu Terminen und Besetzung erhalten Sie auf der Homepage der Deutschen Oper Berlin.

Sendung: "Allegro" am 29. Januar 2019 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK