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Buchkritik "Haydn!" 20 Schlaglichter auf ein Komponistenleben

Bis heute steht Joseph Haydn oft im Schatten Mozarts oder Beethovens. Jahrzehntelang hat er am Hof des Fürsten Esterhazy verlässlich Musik geliefert. Ein neues Haydn-Buch nähert sich dem Komponisten jetzt auf originelle Weise.

Joseph Haydn | Bildquelle: Claudia Maria Knispel: "Joseph Haydn", Reinbek 2003

Bildquelle: Claudia Maria Knispel: "Joseph Haydn", Reinbek 2003

Wenn Sie Joseph Haydn begegnen könnten, was würden Sie ihm gerne sagen? "Ich würde mich dafür bedanken, dass er der Welt gezeigt hat, dass Künstler weder traurig sein noch jung sterben müssen. Gelingen ist erlaubt! Das kann man von Haydn noch besser lernen als von Goethe." Soweit der Schriftsteller Daniel Kehlmann. Er hat zusammen mit 19 Kolleginnen und Kollegen diese Haydn-Biografie verfasst. 20 Schlaglichter auf ein Leben, das weit weniger spektakulär daherkommt als das vom "spinnerten" Mozart oder vom tragisch-titanischen Beethoven. 20 Denkanstöße, 20 Facetten, die aus dem vermeintlich braven und unauffälligen "Papa" Haydn einen wahren Paradiesvogel machen – so bunt wie der Umschlag dieses wunderschön gestalteten Buchs aus der "Anderen Bibliothek".

Zugang zu Haydn: Mal über die Musik, mal übers Wort

Buchcover "Haydn! Eine literarische Sinfonie" | Bildquelle: Die Andere Bibliothek Bunter Umschlag, viele Facetten rund um Joseph Haydn: Alain Claude Sulzer hat das Buch "Haydn! Eine literarische Sinfonie" herausgegeben. | Bildquelle: Die Andere Bibliothek Alain Claude Sulzer hat diese literarische und hoch musikalische Kostbarkeit herausgegeben – und mit einem kurzen, klugen Vorwort versehen. Dann geht’s los: Die Journalistin Lily Brett findet den Zugang zu Haydn nicht über die Musik, sondern über das Wort: "Nachdem ich Haydns Briefe an Marianne von Genzinger und Rebecca Schröters Briefe an ihn gelesen habe, bin auch ich in ihn verliebt. Ich liebe ihn. Ich liebe die Unmittelbarkeit, die Redlichkeit, die Leidenschaftlichkeit und den Mut, mit denen er seine Gefühle ausdrückt."

Haydn brauchte keinen Wettstreit mit anderen

Wieso ist es so schwer, sich von Joseph Haydn ein Bild zu machen? Weil Haydn oft für sich allein war. Oder, wie er selber sagte: "Ich war von der Welt abgesondert, niemand in meiner Nähe konnte mich an mir selbst irremachen und quälen, und so musste ich original werden." Da genügt einer sich selbst. Einer, der nicht das braucht, was für andere Musiker lebensnotwendig ist: den Wettbewerb, den Austausch. Hanns-Josef Ortheil schreibt dazu: "Im Falle Haydns war das oberste Gebot eine selbstbewusste Unscheinbarkeit und ein gleichzeitiges Zurücktreten hinter die Gewalt der Musik, deren Ungeheuerlichkeit er sich weder erklären noch herleiten wollte, obwohl er sie weiß Gott spürte."

"Haydn!" Ein großes Lesevergnügen

"Haydn!" – in diesem Buch ist alles drin, was man über Joseph Haydn wissen sollte. Alfred Brendel analysiert Haydns Humor, Elke Heidenreich unternimmt eine Ehrenrettung von "Frau Haydn" – und Franz Hohler begleitet den Komponisten bei dessen letzter Kutschfahrt. Witzig ist das, erhellend und herzbewegend. Diese gut 300 Seiten sind ein faszinierendes 20-teiliges Puzzle. Ganz unterschiedliche, stilistisch vielfältige Annäherungen an ein reiches Leben, die sich auf geheimnisvolle und wunderbare Weise zusammenfügen. Ein großes Lesevergnügen.

Infos zum Buch

Alain Claude Sulzer (Hrsg.):
"Haydn! Eine literarische Sinfonie"

Die Andere Bibliothek
Extradruck (Hardcover)
324 Seiten, 26,00 Euro

Sendung: "Leporello" am 20. Mai 2025 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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