Der Protest wurde in den vergangenen Wochen immer lauter. Am Samstag demonstrierten hunderte Kulturschaffende in München. Ihre Botschaft: Die Kultur erstickt! Jetzt hat die Bayerische Staatsregierung reagiert und neue Förderprogramme auf den Weg gebracht.
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370 Millionen Euro soll es für die von der Coronapandemie besonders betroffene Kulturszene geben. Das kündigte am Dienstag Bayerns Ministerpräsident Markus Söder nach einer Kabinettssitzung an. Solo-Selbstständige, zu denen neben Künstlerinnen und Künstlern auch Kulturvermittler oder Bühnentechniker zählen, werden rückwirkend vom 1. Oktober bis Ende des Jahres als Ersatz für den entfallenden Unternehmerlohn mit monatlich bis zu 1.180 Euro unterstützt. Das Programm habe ein Volumen von 37,5 Millionen Euro, so Söder.
Das ist schon ein dickes Pfund für die Kultur.
Hat die Demo "Aufstehen für Kultur" organisiert: Veronika Stross | Bildquelle: picture-alliance/dpa
Die monatliche Unterstützung des Freistaats sei "ein Riesenfortschritt", teilte Veronika Stross auf Anfrage von BR-KLASSIK am Montagabend mit. Die Bratschistin spielt in der Hofkapelle München und hat die Demonstration "Aufstehen für Kultur" am vergangenen Samstag auf dem Münchner Königsplatz mit auf die Beine gestellt. Als "wunderbare Hilfe" sieht Michael Rupprecht die monatliche Unterstützung. Wichtig ist dem Münchner Cellisten aber, dass auch "Lebenshaltungskosten mit berücksichtigt werden", wie nach dem Vorbild in Baden-Württemberg. Das sei bei den bisherigen Programm immer ein Problem gewesen, so Rupprecht.
Das rettet viele von uns durch den Winter.
Auch für Künstlerinnen und Künstler in der Anfangsphase ihrer Profi-Laufbahn bekommen Hilfe. Ab 1. Januar 2021 soll es 5.000 Stipendien in Höhe von jeweils 5.000 Euro für diejenigen geben, die vor höchstens fünf Jahren ihre Ausbildung abschlossen haben. Erziehungszeiten sollen dabei mit angerechnet werden. Das Programm, das mit anderen Hilfsprogrammen kombinierbar ist, werde in Abstimmung mit der freien Szene und den Verbänden konkretisiert, so Sibler.
Laut Kunstminister Bernd Sibler solle die Antragsstellung "in einiger Zeit" beginnen können. Dazu müsse noch eine Software programmiert werden. Einen konkreten Starttermin nannte er bei der Pressekonferenz am Dienstag nicht. In der Vergangenheit hatte es immer wieder Verzögerungen bei der Antragsstellung gegeben, etwa durch Softwareprobleme und Überlastung der Behörden.
Bis vorerst 30. Juni 2021 wird das Spielstättenprogramm verlängert und dahingehend erweitert, dass auch Kulturveranstalter ohne eigene Spielstätte Anträge stellen dürfen. Hier investiere der Freistaat weitere 15 Millionen Euro, so der Kunstminister. Gleichfalls verlängert wird das Hilfsprogramm für die Laienmusik. Hier werde die technische Förderung von Entlüftungsgeräten oder Luftreinigern mit dazugenommen, so Bernd Sibler.
Demonstration "Aufstehen für die Kultur" am 24. Oktober 2020 in München | Bildquelle: BR/Peter Jungblut
Der Kunstminister betonte, dass es in den vergangenen Wochen und Monaten intensive Gespräche mit der "Community" gegeben habe. Er sei auch der Demonstration am Samstag auf dem Münchner Königsplatz dabei gewesen. Künstlerinnen und Künstler sollen in Zukunft mit einbezogen werden, "um die Kommunikation sicherstellen zu können", so Sibler, und um in die "Lebenswirklichkeit dieser Menschen" hineinzukommen.
Wir haben einfach keine große Lobby.
Darüber freut sich auch der Cellist Michael Rupprecht, der den Eindruck hat, dass Künstlerinnen und Künstler bisher einfach nicht wichtig genug gewesen seien. Hinzu komme, dass die Kulturszene "einfach zu brav" sei, wie er sagt. Ein Grund, warum er bei der Organsiation der Demo mithalf und auch selber seine Forderungen am Samstag vortrug. Kunstminister Bernd Sibler sprach ihn danach auf dem Königsplatz an und signalisierte Unterstützung. Was die Lockerungen für Veranstaltungen betrifft, zeigte sich der Kunstminister allerdings skeptisch, so Rupprecht.
Michael Rupprecht bei der Demo "Aufstehen für Kultur" auf dem Münchner Königsplatz am 24. Oktober 2020 | Bildquelle: picture-alliance/dpa
Sendung: "Leporello" am 27. Oktober 2020, ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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