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Neustart bei den Festspielen Erl mit Bernd Loebe "Kostümierte Konzerte soll es nicht mehr geben"

Die Tiroler Festspiele Erl haben einen neuen künstlerischen Leiter: Bernd Loebe, Intendant der Frankfurter Oper. Den Posten in Erl hat er zusätzlich übernommen. Er löst Gustav Kuhn ab, der nach Missbrauchsvorwürfen seine Ämter aufgegeben hat. Seit dem 15. Dezember laufen nun in Erl die Winterfestspiele unter der neuen Leitung. Für Loebe ganz wichtig: Ab jetzt sollen Regisseure eine wichtige Rolle bei den Inszenierungen spielen. Und das ist neu, denn bisher dominierte hier eher die Musik.

Tiroler Festspiele Erl, Passionsspielhaus und Festspielhaus | Bildquelle: Tiroler Festspiele Erl/Peter Kitzbichler

Bildquelle: Tiroler Festspiele Erl/Peter Kitzbichler

Traum oder Albtraum, was ist dieses Erl nun eigentlich? Jetzt, im Winter, lockt das Dorf an der Inntalautobahn mit märchenhafter Schneelandschaft, einem luxuriösen Theaterbau, kostenlosem Parkhaus und erlesenen Restaurants. Alles traumhaft also, aber die jüngere Vergangenheit der Festspiele, die war eher gruselig, musste sich der langjährige künstlerische Leiter Gustav Kuhn doch wegen seines ruppigen Führungsstils und sexueller Belästigung verantworten.

Was macht der Neue eigentlich?

Viele böse Schlagzeilen waren die Folge, das Publikum teilweise irritiert. Der neue Chef Bernd Loebe, im Hauptberuf Intendant der Oper Frankfurt, muss also erst mal das Vertrauen nach innen und außen wiederherstellen: "Insgesamt war es nicht so, dass da alles nach dem Rückzug von Gustav Kuhn zusammengebrochen ist", sagt Bernd Loebe. "Ich würde mir wünschen, dass wir uns auf die Zukunft konzentrieren und nicht ständig neue Nebenkriegsschauplätze gefunden werden." Schließlich hätten das die Mitarbeiter der Festspiele und das Festspielpublikum verdient.

Es gibt natürlich einige Hartgesottene, die erstmal schauen wollen: Was macht der Neue? Bringt er vielleicht jetzt das schreckliche deutsche Regietheater nach Erl?
Bernd Loebe

Bernd Loebe | Bildquelle: picture alliance / Arne Dedert/dpa Bernd Loebe, neuer Intendant der Festspiele Erl | Bildquelle: picture alliance / Arne Dedert/dpa

Tatsächlich sollen nicht wenige Zuschauer vor dem Regietheater nach Tirol geflüchtet sein, übrigens auch vor den umstrittenen Inszenierungen in Bayreuth. In Erl gab es stattdessen gediegene Bebilderungen, die keinen aufregten – das soll sich nun mit der kommenden Wintersaison ändern. "Für mich ist Oper grundsätzlich nur zu ertragen, wenn man alles zusammenbringt - das sollte schon der Ansporn sein", sagt Bernd Loebe. "Kostümierte Konzerte, wenn ich das so sagen darf, wie in der Vergangenheit, die wird es hoffentlich weniger geben." Loebe möchte aber auch ein Publikum, das bestimmte Traditionen mitgelebt hat, nicht vor den Kopf stoßen. "Ich möchte das Publikum bei der Hand nehmen und vorsichtig in eine neue Richtung führen."

Erler Bühne wird für größere Kulissen aufgerüstet

Bernd Loebe hat viel vor, und sein Hauptfinanzier, der ehemalige Bau-Industrielle Hans-Peter Haselsteiner, stellt dafür private Mittel bereit. So werden sowohl das moderne Winterfestspielhaus, als auch das Passionsspielhaus aus den fünfziger Jahren technisch auf Vordermann gebracht. "Wir sind dabei, den Bühnenboden so zu verstärken, dass wir dann tatsächlich etwas schwerere Bühnenteile auf die Bühne bringen können", sagt Bernd Loebe. "Das eine oder andere wird auch noch 'unsichtbar' geschehen, so dass diese Bühne, die eigentlich eine Konzertbühne ist, tauglich sein wird für anspruchsvolle Operninszenierungen."

Ich möchte das Publikum bei der Hand nehmen und vorsichtig in eine neue Richtung führen.
Bernd Loebe

Ehrgeizigere Inszenierungen als bisher

In diesem Winter hat Bernd Loebe neben einigen Konzerten und Klavierabenden die Opern "Rusalka" von Antonin Dvorák und den "Liebestrank" von Gaetano Donizetti auf den Spielplan gesetzt. Im kommenden Sommer wartet ein neuer "Lohengrin" auf das Erler Festspielpublikum, im darauffolgenden Jahr (2021) startet mit dem "Rheingold" ein neuer "Ring" in der Regie der langjährigen Innsbrucker Intendantin Brigitte Fassbaender. Richard Wagner ist sozusagen der Brot- und Butter-Komponist der Festspiele. Und klar ist: Die Inszenierungen werden deutlich ehrgeiziger sein als bisher. Bernd Loebe fühlt sich da in der Pflicht: "Erl wird in den nächsten Jahren sicherlich einen 'Frankfurt-Touch' haben, denn viele Künstler, die in Frankfurt groß geworden sind, werden sich auf diese Weise bei mir bedanken." Die Künstler würden nicht erst nach der Gage fragen, wenn sie nach Erl kommen, sagt Bernd Loebe. "Sie kommen aus Freundschaftsgründen. Und das ist meine Hoffnung, dass ich auf diese Weise auch das musikalische Niveau weiter steigern kann."

Winterfestspiele Erl

Die Wintersaison in Erl begann am 15. Dezember 2019
Vom 26. Dezember 2019 bis 6. Januar 2020 stehen u.a. die Opern "Rusalka" und "Der Liebestrank" auf dem Spielplan.

Sendung: "Allegro" am 19. Dezember 2019 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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