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Premiere auf Gut Immling Händels "Xerxes" als Ba-Rock-Oper

Jazz, Rock und Folklore in einer Barockoper. Passt das zusammen? Der Münchner Komponist Oliver Klostermann probierte es aus - an Georg Friedrich Händels "Xerxes". Die neue Ba-Rock-Oper feierte nun Premiere beim Opernfestival auf Gut Immling im Chiemgau. Und das Ergebnis kann sich hören lassen.

So richtig ernst nehmen kann man sie ja nicht, die Figur des antiken Perserkönigs Xerxes in Händels gleichnamiger Oper. Machthungrig, selbstverliebt und kapriziös ist dieser Herrscher. Gleich zu Beginn der Oper besingt er seine innige Liebe zu einer Platane in dem berühmten Largo "Ombra mai fu", das sich bis heute ganz oben in der Barock-Hitparade gehalten hat.

Jodelnde Stimmklänge und arabische Noten

Im komödiantischen Sinne von Händels Originalwerk wirkt es ganz natürlich und schlüssig, wenn sich schon in der Ouvertüre aus dem pulsierenden Barockklang des Georgischen Kammerorchesters unter Cornelia von Kerssenbrock plötzlich fremdartig jodelnde Stimmklänge zu einem rhythmischen Gesang erheben, unterstützt von Perkussion und Oliver Klostermann am E-Piano. Im Continuo mischen sich zu den auf Deutsch gesungenen Rezitativen gelegentlich arabische Noten, die Solisten improvisieren im Anschluss an ihre auf Italienisch gesungenen Arien meist kurze jazzige Sequenzen mit Händel'schen Motiven – und das alles kommt herrlich locker und frisch daher.

Xerxes wird gesungen von der Mezzosopranistin Julia Stein, die optisch wie eine Version von Conchita Wurst  mit Kurzhaarschnitt glaubhaft den testosterongesteuerten König darstellt und stimmlich allen virtuosen Anforderungen an die große Partie gerecht wird. Ein unterhaltsames Verwirrspiel der Geschlechter nimmt seinen Lauf, denn Xerxes Verlobte Amastre, von Antonela Barnat mit sinnlich tiefem Mezzo ausgestattet, verkleidet sich als Mann, um dem untreuen Xerxes auf die Schliche zu kommen.

Und mit seinem eigenen Bruder Arsamene, gesungen von Geneviéve Tschumi in einer weiteren Hosenrolle, liefert sich Xerxes in Ludwig Baumanns Inszenierung sogar einen handfesten Boxkampf um eine Frau: Romilda, von Leigh Michelow mit bewundernswert strahlenden Soprantönen versehen, weigert sich standhaft, anstelle von Arsamene den König zu lieben. Es geht in dieser Oper um Begierden und aktive Partnersuche, bei der auch Atalanta kräftig mitmischt. Manuela Fraikin verkörpert sie in Baumanns Regiekonzept als komisches und nicht nur stimmlich bestens ausgestattetes Sexy Beast.

Ba-Rock hat Zeug zum Exportschlager

Sabine Lutter arbeitet in ihren ausdrucksvollen Kostümen aus verschiedenen Zeitepochen mit Schwarz-Weiß-Kontrasten.  Die Mitglieder des  Immlinger Festspiel-Chores treten als Geheimagenten im schwarzen Anzug auf. Mit weißen Handschuhen bewegen sie die grauen mobilen Stellwände des Bühnenbildes. Diese  Immlinger Ba-Rock Version von Händels Xerxes sollte sich - anders als bei der Premiere - unbedingt auch ein Publikum unter 40 mit Interesse an Jazz und Lust am Experimentellen ansehen. Der Immlinger Ba-Rock hat das Zeug zum Exportschlager in große städtische Opernhäuser.

"Xerxes" auf Gut Immling

Musikalische Leitung: Cornelia von Kerssenbrock
Inszenierung: Ludwig Baumann
Elektroakustische Komposition: Oliver Klostermann

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