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Kritik - Hasses "Semele" in Innsbruck Ärger für Jupiter

1726 hat Johann Adolf Hasse die Kammeroper "Semele" komponiert. Und neben den heute nur ohnehin nur wenig bekannten Opern des einstmals gefeierten Komponisten ist dieses Kleinod mit zweieinhalb Stunden Spielzeit vollständig vergessen worden. Bis es der Musikforscher und Dirigent Claudio Osele in Wien im Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde wiederentdeckt hat. Osele dirigierte nun auch die Aufführung der Oper bei den Innsbrucker Festwochen mit dem von ihm gegründeten Ensemble Le Musiche Nove - sie ging am 26. August über die Bühne.

Die Kritik zum Anhören:

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Vor Ehestreitigkeiten sind selbst die Götter nicht gefeit. Vor allem dann nicht, wenn der Göttergatte zu Seitensprüngen neigt. Da hängt auch bei ihnen der Haussegen schief, genauso wie bei uns Menschlein. Davon weiß Wotan in Wagners "Walküre" ein Lied zu singen ebenso wie Jupiter in Johann Adolf Hasses Oper "Semele". Beide müssen sich vor ihren Gattinnen für ihre sexuellen Eskapaden rechtfertigen und machen dabei eine wenig göttliche Figur. Schon bei ihrem ersten Auftritt hat Jupiters Frau Juno einen Plan, wie sie sich an ihrem untreuen Gatten rächen will: Sie möchte seine Geliebte Semele in Verkleidung einer Freundin dazu überreden, als Treuebeweis von Jupiter zu fordern, dass dieser sich ihr in seiner wahren Göttergestalt zeigt, denn sie weiß, dass Jupiters strahlende Blitze Semele töten werden.

Beispielhafte Differenziertheit und Klangsinnlichkeit

Nur drei Sängerinnen braucht die Oper und eine Handvoll Orchestermusiker – allesamt Streicher, Bläser verwendet Hasse nicht. Umso wichtiger ist es, die Farben und Ausdrucksfinessen, die Hasse in den Orchestersatz komponiert hat, in den Stimmen von Geigen, Bratschen und Celli herauszuarbeiten. Den Musikern von Le Musiche Nove gelingt dies unter der ebenso kundigen wie befeuernden Leitung Claudio Oseles mit beispielhafter Differenziertheit und Klangsinnlichkeit.

Neuer Star am Barockhimmel

Und auch die Sängerbesetzung ist exquisit – mit einer der führenden Barocksängerinnen Roberta Invernizzi als Juno und einem neuen Star am Barockhimmel: Francesca Aspromonte als Semele. Sie changiert stimmlich und darstellerisch gleichermaßen souverän zwischen der verführerischen und der schmollenden Geliebten. Dabei sprüht ihr glasklarer Sopran klanglich Funken. Nur Sonia Prina als Jupiter – eigentlich eine Countertenorpartie – bleibt in Sachen Klangqualität etwas hinter ihren beiden Kolleginnen zurück.

Beispielhaftes Plädoyer

Francesca Aspromonte als Semele | Bildquelle: Innsbrucker Festwochen / Rupert Larl Der langjährige Intendant der Berliner Staatsoper und Barockopernliebhaber Georg Quander hat für Innsbruck eine in der Ausstattung reduzierte, aber im Darstellerischen sehr schön genaue und charmante Inszenierung auf die Bühne gebracht, deren wichtigste Requisiten eine Chaiselongue und ein Bett sind. Auch auf der textlichen Ebene – das Libretto stammt von Francesco Ricciardi – hat die barocke Kammeroper einiges zu bieten. Wie mit einem Brennglas beleuchtet Ricciardi immer wieder neue Aspekte der Dreiecksliebestragödie aus unterschiedlichen Perspektiven. Hasse hat dazu entsprechend vielgestaltige und psychologisierende Musik geschaffen, die es unbedingt Wert ist, wieder gehört zu werden. So ist den Innsbrucker Festwochen zum Ende des Festivals ein schönes Plädoyer für eine stärkere Beachtung der Werke dieses großen Barockkomponisten gelungen.

Sendung: "Allegro" am 27. August 2018 ab 06:05 Uhr in BR-KLASSIK

Innsbrucker Festwochen

Die Innsbrucker Festwochen 2018 enden am 27. August. Mehr zum Programm des Festivals erfahren Sie auf altemusik.at.