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Itzhak Perlman zum 75. Geburtstag Großer Geiger, Pädagoge und Menschenrechtler

"Wenn ich ein Stück nicht mag, spiele ich es nicht", stellt der Geiger Itzhak Perlman klar. Denn was man hasse, könne man nicht vermitteln. Authentizität und Ehrlichkeit sind das Wichtigste für Perlman, der als Kind polnischer Einwanderer in Israel geboren wurde. Der Geiger unterscheidet nicht zwischen E- und U-Musik. Er spielt Mozart und Paganini genauso wie die oscarprämierte Filmmusik zu "Schindlers Liste", tritt in der Sesamstraße auf und zur Inauguration von Amerikas Präsident Barak Obama. Am 31. August feiert Perlman seinen 75. Geburtstag.

Bildquelle: picture alliance / AP Photo

Itzhak Perlman weiß früh, was er will, Widerstände schrecken ihn nicht. Mit drei Jahren lehnt ihn das Shulamith Konservatorium in Tel Aviv ab, weil er zu klein ist, um die Geige zu halten. Mit vier erkrankt Perlman an Kinderlähmung, übersteht die Krankheit. Als Folge spielt er bis heute im Sitzen. Mit 18 Jahren gewinnt er den Leventritt-Wettbewerb. Das Talent wird offensichtlich, die Karriere beginnt, aber überrollt ihn nicht: "Ich habe den Wettbewerb mit 18 Jahren gewonnen und meine Karriere hat sich danach Schritt für Schritt entwickelt. Das halte ich für sehr wichtig."

Zeit für musikalische Entwicklung

Perlman ist bis heute dankbar, dass sich seine Karriere langsam entwickeln und er sich an die Anforderungen des Musikbetriebs gewöhnen konnte. Geigende Wunderkinder beäugt er skeptisch: "Man sollte die Karriere früh beginnen. Mit früh meine ich 18 oder 19 Jahre, das ist das beste Alter." Früher nicht, denn sonst kollidiere sie mit der Kindheit und der Jugend. "Und die gibt es im Leben nur einmal."

Wir sollten die Kindheit und Jugend nutzen, wofür sie eigentlich da ist. Die Karriere kann danach beginnen.
Itzhak Perlman über geigende Wunderkinder

Der Pädagoge mit dem verschmitzten Lächeln

Perlman verlässt Israel schon als Jugendlicher in Richtung Amerika, studiert an der Juilliard School in New York bei den Geigen-Ikonen Ivan Galamian und Dorothy DeLay. Neben seiner Solo-Karriere und legendären Ausflügen in die Kammermusik, gerne mit seinem Freund Pinchas Zukerman, wird Perlman über die Jahre selbst zum renommierten Pädagogen. Seine Schüler, seine Partner und seine Fans verzaubert der stets vergnügte und gemütlich-verschmitzte Perlman weltweit.

Seine Finger, erklärt er auf YouTube charmant, seien zum Geigen eigentlich zu lang und zu dick, in den hohen Lagen mit wenig Platz auf dem Griffbrett muss er deswegen flinker und wendiger sein als andere. Man kann Itzhak Perlman immer heraushören: Sein Spiel ist leidenschaftlich, hochvirtuos und eigenwillig.

Engagiert für Menschenrechte

Itzhak Perlman spielt die amerikanische Nationalhymne vor dem Spiel zweier Baseballmannschaften aus New York und San Francisco. | Bildquelle: picture alliance / AP Photo Seit langem setzt sich Itzhak Perlman für die Rechte behinderter Menschen ein. 2016 zeigte sich der Geiger entsetzt über eine abfällige Geste des damaligen US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump gegenüber einem behinderten Reporter der New York Times. Trumps höhnisches Verhalten habe ihn sehr verärgert, sagte Itzhak Perlman. Im gleichen Jahr protestierte Itzhak Perlman gegen ein Gesetz, das gegen die Rechte von Homo-, Bi- und Transsexuellen verstieß, indem er ein Konzert in North Carolina absagte. "Wie viele meiner Fans wissen, habe ich mein Leben lang gegen Diskriminierung gekämpft", so der weltberühmte Geiger.

Ich habe mich immer dafür stark gemacht, alle Menschen gleich zu behandeln.
Itzhak Perlman

Für sein Talent und seine Menschlichkeit wurde Perlman am 23. Juni 2016 mit dem Genesis-Preis ausgezeichnet. Der "jüdische Nobelpreis" wird an Menschen vergeben, die durch ihre Leistung andere Menschen inspirieren und sich für das jüdische Volk engagieren. Er ist mit einer Million Dollar dotiert und wird unter anderem von der israelischen Regierung gestiftet. In der Begründung der Preisstifter hieß es: "Itzhak Perlman wird von Musikfreunden auf der ganzen Welt nicht nur für sein Können geschätzt, sondern auch für seine zu spürende Freude, Musik zu machen."

Sendung: "Allegro" am 31. August 2020 ab 6.05 Uhr auf BR-KLASSIK