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Max Mutzke bei den Nürnberger Symphonikern Von der Pop-Bühne in den Konzertsaal

"Große Songs im orchestralen Gala-Sound" - das versprechen die Nürnberger Symphoniker für ihren Abend "Symphoniker meet Max Mutzke". Mit Max Mutzke ist ein Popsänger zu Gast beim Orchester, der 2004 beim Eurovision Song Contest auf einem respektablen achten Platz landete. Seitdem steht der Mann mit der Mütze für Qualitäts-Pop Made in Germany. Dabei hätte etwas ganz anderes aus ihm werden können.

Bildquelle: Frank Dudek, picture alliance/rtn - radio tele nord

BR-KLASSIK: Ihr Vater ist Gynäkologe und Sie haben an einem Wirtschaftsgymnasium Abitur gemacht. Da hätte eigentlich auch etwas Seriöses aus Ihnen werden können.

Max Mutzke: Nein! (lacht) Ich habe das Abitur gemacht, weil ich tatsächlich mit 16 damals von der Hauptschule abgegangen bin und nur Musik im Kopf hatte. Und nichts anderes machen wollte. Ich glaube, im Grunde genommen wollte ich einfach nicht mehr in die Schule gehen. Das war glaub' ich meine Hauptmotivation, Musik zu machen. Und als ich das dann eine Zeit lang gemacht habe, wurde mir klar: Wenn man Musik plötzlich nicht mehr nur als Hobby hat, sondern damit Geld verdienen muss, dann ist es ganz schön krass. Und dann habe ich mir gesagt: Mit Hauptschulabschluss sind meine Möglichkeiten sehr begrenzt, wenn ich später mal nicht mehr Musik machen möchte. Also habe ich das Abitur nachgeholt.

Gynäkologe ist tatsächlich einer meiner Berufswünsche gewesen. Neben der Musik. Ich dachte mir: Gerade ein Gynäkologe hat nicht nur mit Menschen zu tun, die krank sind, sondern du begleitest ja so eine coole Zeit, nämlich wenn Frauen Familie gründen, und ich fand das immer einen total spannenden Beruf.

BR-KLASSIK: Wenn man mit Ihnen spricht, dann muss man natürlich auch über den Eurovision Song Contest 2004 reden. Da haben Sie den achten Platz gemacht, und das ist, wenn man sich die Ergebnisse der deutschen Teilnehmer über die Jahre so anschaut, fast wie ein Sieg. Hat Ihre Teilnahme am Contest heute, 13 Jahre später, noch eine Relevanz - oder ist das eigentlich ein abgeschlossenes Kapitel?

Max Mutzke, auf der Bühne mit der SWR Bigband | Bildquelle: Jens Niering, picture alliance Max Mutzke: Ja, das ist längst ein abgeschlossenes Kapitel. Ich mache mein ganzes Leben lang Musik, ich bin aufgewachsen in einem supermusikalischen Haushalt. Wir sind in einem kleinen Dorf aufgewachsen, in dem wir ein großes Haus zur Verfügung hatten, und da war ein Proberaum drin - da standen immer alle Instrumente aufgebaut rum, man konnte sich zu jeder Tages- und Nachtzeit irgendein Instrument schnappen und spielen.

Meine Mutter war Schauspielerin, mein Vater spielt selber als Hobby Schlagzeug in einer Band, die viel auftritt, da durften wir eben als Vorband auftreten. Das heißt, ich hab' mein ganzes Leben lang Musik gemacht, also richtig durchgehend Musik, und ich habe so wahnsinning viele Hobbys - aber die Musik war mein allererstes, und es ist nie weniger geworden. Und dann irgendwann hatte ich dann das Glück, dass ich zu Stefan Raab in diese Show gegangen bin. Eigentlich bin ich dazu überredet worden. Aber dann habe ich es gemacht, und das war natürlich ein super Zwischenschritt für meine Karriere. Weil nur dadurch ist ja dann der Name Max Mutzke relativ schnell bekannt geworden in Deutschland, und dann konnte man darauf den kommerziellen Erfolg weiter aufbauen.

BR-KLASSIK: Sie machen nicht nur schon ganz lange Musik, Sie machen auch sehr viele unterschiedliche Arten von Musik. Jetzt kommt die Klassik mit ins Spiel, indem sie mit ihrer Musik auf Orchester treffen, und der Abend in Nürnberg heißt ja auch "Symphoniker meet Max Mutzke". Was hat Sie denn bewogen, ihre Lieder - ich sage mal - zu "verklassifizieren"?

Max Mutzke: Das ist etwas, was nur ganz wenigen vergönnt ist. Ich habe schon ganz viele Konzerte mit Big Bands gespielt. Das war für mich der erste große Schritt, aus diesen kleinen Besetzungen rauszukommen. Also 20, 25 oder 30 Leute. Dann kam irgendwann die Anfrage vom NDR, ob ich nicht Lust hätte, mit deren Orchester aufzutreten. Und als ich dann gehört habe, sie wollen auch wirklich meine Songs arrangieren, also ich soll jetzt nicht irgendwie die Top-Forty von Frank Sinatra und wer weiß wem spielen, sondern tatsächlich die Max Mutzke Songs - das war für mich ein richtiger Ritterschlag.

Ein Arrangement dauert für einen richtigen Arrangeur bis zu einer Woche. Und wenn man weiß, man muss 15 Titel arrangieren lassen, ist so ein richtig teurer Arrangeur mal ein halbes Jahr an der Arbeit, nur um meine Songs für dieses große Orchester umzubauen. Und da sind wir dann zwischen 60 und 80 Leute auf der Bühne! Dass ich das mit Anfang 30 erleben darf, ist für mich tatsächlich nicht selbstverständlich. Und dafür bin ich auch äußerst dankbar.

BR-KLASSIK: Enrique Ugarte macht ja die Arrangements für die Begegnung zwischen Ihnen - den Nürnberger Symphonikern und Max Mutzke - wie ist es denn dann, wenn Sie auf die Musiker des Orchesters treffen? Für die bewegt sich ja das Projekt auch am Rand ihres künstlerischen Betätigungsfelds.

Max Mutzke auf der Bühne mit dem Philharmonischen Orchester Freiburg | Bildquelle: Fotograf: Patrick Seeger, (c) dpa Max Mutzke: Letztendlich ist ja alles Unterhaltung. Man will ja Abende haben, mit denen man die Menschen begeistert. Und trotzdem sind die Philosophien und die Herangehensweisen an die Musik ganz ganz unterschiedlich. Zum Beispiel zählt bei uns sehr der "Backbeat", also der Groove, dass die Leute aufstehen und tanzen und wippen und sich animiert fühlen, sich zu bewegen und zu klatschen. In der klassischen Musik gibt es den "Backbeat" nicht, im Gegenteil: Da zählt der Klang. Es zählt viel mehr der Klang. Es gibt kein klares Tempo, wo man jetzt ein Metronom aufbauen könnte und dann sehen könnte, die spielen ganz genau in dem Tempo den Song oder das Stück durch. Und das sind ganz unterschiedliche Grundvoraussetzungen, um einen Song anzugehen. Das muss man vereinen, und da zählt tatsächlich großes großes Teamwork, man muss gut aufeinander hören, auch viele Kompromisse eingehen. Aber immer im Sinne der Sache.

Und du brauchst einen Käpt'n in einem Orchester, also eine ganz klare Hierarchie. In der Popmusik ist ja alles sehr demokratisch, würde ich sagen, da kann man über alles diskutieren. Das kannst du im Orchester komplett vergessen. Das sind Dinge, die muss man erst einmal lernen und akzeptieren. Das heißt, ich nehme mich da sehr zurück, und erst wenn alles steht, bringe ich meine Idee noch einmal raus und frag' ganz vorsichtig: Können wir da vielleicht noch ein bisschen was drehen, und da noch...? Letztendlich ist das eben schon ein sehr sehr großes Schiff, auf dem man da mitfährt.

(Sendung: 14. November 2017, 16.05 Uhr - Leporello auf BR-KLASSIK.)