Franz Lehárs "Lustige Witwe" ist eine der erfolgreichsten und am meisten aufgeführten Operetten. Kein Wunder, hat sie doch so gute Mitsumm-Melodien wie "Da geh’ ich zu Maxim" und "Lippen schweigen, s’flüstern Geigen". Am Staatstheater Augsburg hat nun die Regisseurin Andrea Schwalbach das Stück neu inszeniert – und kann nicht überzeugen.
Zumindest vor der Tür ist man auf der Höhe der Zeit: Junge Schauspieler und Schauspielerinnen zeigen gerade eine Live-Performance zum Klimawandel im Augsburger Martinipark. Die Ausweichspielstätte des Augsburger Staatstheaters strahlt mit Betonwänden und LED-Beleuchtung Industrial Chic aus – ein modernes Theater, könnte man meinen. Das stimmt aber anscheinend nur halb, denn im Saal läuft mit Andrea Schwalbachs "Lustiger Witwe" nun eine vollkommen gestrige Inszenierung.
Natürlich ist Franz Lehárs Original auch nicht unbedingt aktuell: Es spielt in Frankreich, die reiche Witwe Glawari wird von allen Männern angehimmelt, sie will aber nur den Schwerenöter Danilo. Mal will der nicht, dann will sie wieder nicht, es wird darüber sinniert, dass das Studium der "Weiber" schwer sei und klar ist sowieso, dass Frauen einen starken Mann an ihrer Seite brauchen. Soweit, so 1905.
Dabei hätte die Musik mit ihren Walzern, Märschen und Can-Cans ja eigentlich alles, was es zum Mitwippen braucht. Doch hilft auch das Orchester unter Generalmusikdirektor Domonkos Héja nicht: Aus dem offenen Graben des Martiniparks tönt es meist deutlich zu laut, vom feinen Wiener Walzer merkt man nichts mehr. Dabei zeigt sich bei der Bühnenmusik und dem schmal besetzten "Lippen schweigen", dass das Orchester eigentlich die Qualität für einen zarten Romantik-Schmelz hätte.
So kommen aber gerade die weniger stimmstarken Sänger nicht gegen das Orchester an, in den gesprochenen Dialogen versteht man sie noch weniger. Das liegt einerseits an der mäßigen Akustik der Halle und andererseits an dem blutleeren Schauspiel, bei dem keiner seine Rolle wirklich verkörpert. Jihyun Cecilia Lee als Witwe mit kräftigem Sopran und Alejandro Marco-Buhrmester als Edel-Bariton Danilo können noch am meisten überzeugen – diese Inszenierung können sie aber auch nicht retten.
Bis Anfang Mai steht "Die lustige Witwe" in Augsburg mehrmals auf dem Spielplan. Alle Termine und Infos zum Vorverkauf sind auf der Webseite des Staatstheaters Augsburg zu finden.
Sendung: "Allegro" am 09. Dezember 2019 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK