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Konzertierte Aktionen - Vom Concerto grosso zur Big Band
Wettstreit und Teamwork, Diskurs und Agreement, Konfrontation und Kombination - alle diese Gegensätze schwingen in dem Wort "Konzert" als musikalischem Gattungsbegriff mit. Leitet er sich doch einerseits her vom lateinischen Wort "concerto", was so viel wie streiten oder disputieren bedeutet, andererseits kommt er vom italienischen "concertare", das für das genaue Gegenteil steht, nämlich für zusammenwirken und in Übereinstimmung bringen. Dieses Mit- und Gegeneinander prägt die konzertanten Spielarten - vom spätbarocken Concerto grosso über das Solokonzert und die Sinfonia concertante bis zum Big-Band-Stil der Swing-Ära und darüber hinaus. Im Thema der Woche der Mittagsmusik präsentieren wir Ihnen jeden Tag ein Beispiel für das Prinzip der Konzertierten Aktion.
Alles in einem
Eine grandiose Realisierung im musikalischen Grenzbereich zwischen "E" und "U" fand dieses Prinzip in einem Werk, das zugleich Concerto grosso und Konzertante Symphonie ist, Klavierkonzert und Saxophonkonzert, Big-Band-Stück und symphonisches Orchesterwerk. Es heißt "Dialogues for Jazz Combo and Orchestra", besteht aus vier Sätzen und stammt von Howard Brubeck, dem älteren Bruder des legendären Jazzpianisten Dave Brubeck, dem Komponisten des notorischen 5/4-Takt-Evergreens "Take Five". Die "Dialogues", die "Dialoge" von Howard Brubeck datieren vom Ende der 1950er Jahre und wurden im Dezember 1959 in New York erstmals aufgeführt. Kurz darauf spielten die Interpreten der Uraufführung das Werk auf Schallplatte ein. Es war das Dave Brubeck Quartet mit Dave Brubeck (Klavier), Paul Desmond (Altsaxophon), Joe Morello (Schlagzeug) und Eugene Wright (Bass). Dieser vierköpfigen Jazz Combo, die in Begriffen der Concerto-grosso-Praxis gleichsam das Solo oder das Concertino darstellt, standen als Tutti, Ripieno oder Concerto grosso die New Yorker Philharmoniker gegenüber. Die Leitung hatte Leonard Bernstein.
Konzertierte Aktion von Jazz und Symphonik
Der erste Satz ist eine hektische Großstadmusik, wirft das Publikum gewissermaßen mit Vehemenz hinein in den brodelnden Hexenkessel von New York City. Das musikalische Geschehen wird zunächst vom schweren Blechbläser-Apparat der New Yorker Philharmoniker angeführt. Nach einem zündenden Beckenschlag hat dann Dave Brubeck am Klavier seinen ersten Solo-Auftritt, gefolgt von Paul Desmond mit seinem Altsaxophon über einem samtenen Klangteppich der "philharmonischen" Streicher - alles kontrapunktiert oder kommentiert von Bläser-Einwürfen. Von Anfang an auch immer mit dabei: Der Bassist Eugene Wright und der Schlagzeuger Joe Morello, dessen Drum-Set sich leicht gegen jedes 100-Mann-Symphonieorchester durchzusetzen vermag. Mannigfache Möglichkeiten der Kombination und Konfrontation von Combo und Orchester werden durchgespielt. Gegen Ende findet sogar ein Rollentausch statt: Der Jazzer Dave Brubeck begleitet am Klavier das klangschöne Englischhorn-Solo seines New-Yorker-Philharmoniker-Kollegen - Konzertierte Aktionen, die Jazz und Symphonik zu einem Feuerwerk instrumentaler Virtuosität entzünden.
Uhrzeit | Werk/Titel | Komponist/Interpret |
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12:08 | The bluebell of Scotland, Hob XXXIa:176 | Joseph Haydn (1732-1809) / Klaus Mertens |
12:12 | Are mou rindineddha. Griechisch-Salentinische Volksweise | Unbekannt / Capezzuto; L'Arpeggiata; Pluhar |
12:18 | aus: Suite Brasileira. Für Orchester | Alberto Nepomuceno (1864-1920) / Minas Gerais Philharmonic Orchestra; Fabio Mechetti |
12:22 | Baïlero aus: Chants d'Auvergne | Joseph Canteloube (1879-1957) / Gens; Orch. National de Lille; Casadesu |
12:29 | aus: Dialoge für Jazz-Ensemble und Orchester | Howard R. Brubeck (1916-1993) / Dave Brubeck Quartet; New York Philharmonic; Bernstein |
12:36 | Jeux interdits. Romance für Gitarre | Narciso Yepes (1927-1997) / Narciso Yepes |
12:39 | Ballettmusik zur Oper "Idomeneo" für Orchester, KV 367 | Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) / SO des BR; Colin Davis |
12:53 | Blumenwalzer; aus: Nußknacker-Suite, op. 71a | Peter Tschaikowsky (1840-1893) / Chicago SO; C.Abbado |
12:55 | aus: Der Rosenkavalier | Richard Strauss (1864-1949) / Francisco Araiza; Münchner RO; Heinz Wallberg |
13:05 | Ouvertüre aus: La scala di seta. Farsa comica | Gioachino Rossini (1792-1868) / Bamberger Symphoniker; Giuseppe Patane |
13:12 | Hawai. Tango für Violine, Violoncello und Klavier | Peter Ludwig (1951-) / Tango a trois |
13:16 | Ballettmusik Nr. 2 G-Dur | Franz Schubert (1797-1828) / Age of Enlightenment; Mackerras |
13:24 | A Paris | Francis Lemarque (1917-2002) / Anne Sofie von Otter; Bengan Janson; Olle Linder |
13:30 | aus: Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg | Richard Wagner (1813-1883) / Christian Gerhaher; Symphonieorchester des BR; Daniel Harding |
13:37 | aus: Konzert für Violine und Orchester e-Moll, op. 64 | Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) / Liza Ferschtman; Het Gelders Orkest; Kees Bakels |
13:44 | aus: La dolce vita. Suite für Jazz-Orchester | Nino Rota (1911-1979) / Orchestra del Teatro alla Scala di Milano; Riccardo Chailly |
13:47 | Imagine | John Lennon (1940-1980) / John Lennon; Plastic Ono Band |
13:49 | Seid umschlungen, Millionen!. Walzer, op. 443 | Johann Strauß (1825-1899) / Berliner Philharmoiker; Harnoncourt |