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Ein Füllhorn voller Überraschungen
Das Requiem von Andrew Lloyd Webber
Sphärische Klänge, packender Schlagzeug-Drive und Melodien zum Dahinschmelzen. All das vereint das Requiem von Andrew Lloyd Webber, das am 15. Juni dieses Jahres in der Reihe "Paradisi Gloria" mit dem Münchner Rundfunkorchester in der Herz Jesu-Kirche in München-Neuhausen zu erleben war. Ein geistliches Werk von dem Musical-Komponisten also, der mit Werken wie "Cats", "Starlight-Express" oder "The Phantom of the Opera" in den 1980er Jahren weltweit alle kommerziellen Rekorde brach. Wie passt das zusammen, dieser Wechsel ins geistliche Fach? Der Spagat zwischen E- und U-Musik? Erstaunlich gut.
Denn Andrew Lloyd Webber ist mit seinem 1984 vollendeten Requiem für Soli, Chor, Orchester und Orgel gewissermaßen zu seinen eigenen Wurzeln zurückgekehrt, in Oxford hat er sogar einmal Orgel studiert. Und als sein Vater William 1982 starb, der in London Organist, Chorleiter und Kirchenmusikdirektor gewesen war, würdigte der Sohn ihn mit diesem Requiem. Er wählte mit dramaturgischem Gespür selbst die Messtexte aus und setzte sie kontrastreich in Szene: Das Sinfonieorchester erweiterte er um eine große Schlagwerkbatterie, der Kirchenorgel stellte er einen Synthesizer zur Seite, auch das Solistentrio ist mit Knabensopran, Sopran und Tenor ungewöhnlich besetzt. Vor allem stilistisch aber ist das "Requiem" ein Füllhorn voller Überraschungen, mit Anleihen bei Verdi, Fauré, Orff und Lloyd Webbers eigenen Werken. Gelehrte Fugen treffen bei ihm auf feurige Südamerika-Tanzgrooves, entrückte Vokalstellen auf geballte Orchesterdramatik.