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Originalgenie der Filmmusik Winnetou-Komponist Martin Böttcher gestorben

Er war einer der ganz Großen der deutschen Unterhaltungs-, Fernseh- und Filmmusik. Unverkennbar ist seine kompositorische Handschrift, unverwechselbar sein Sound: Die Melodien seiner Winnetou-Filmmusiken sind legendär. Martin Böttcher hat die Musik zu über 50 Kinofilmen und 300 Fernsehproduktionen geschrieben. Nun ist der Komponist im Alter von 91 Jahren gestorben, wie BR-KLASSIK aus engem Familienkreis erfahren hat.

Martin Böttcher | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Die Melodien der Winnetou-Filmmusiken kennt jeder, das gilt auch für viele seiner Fernsehmusiken, die ihn gewissermaßen in jedes deutsche Wohnzimmer brachten: "Sonderdezernat K1", "Forsthaus Falkenau", "Pfarrer Braun". Martin Böttcher erhielt für seine Arbeit zahlreiche Preise und Auszeichnungen, darunter das Bundesverdienstkreuz am Bande, der "Look & Listen - Telepool-BR-Music-Award" und die Ehrenmitgliedschaft in der US-amerikanischen Max Steiner Society - neben Benny Goodman, Frank Sinatra und anderen.

Vom Abfangjäger zur Gitarre

Die musikalische Heimat des 1927 in Berlin geborenen Urenkels eines Weimarer Hofkapellmeisters war der Jazz. Kurz vor Kriegsende wurde er noch zur Luftwaffe eingezogen und auf dem raketenangetriebenen Abfangjäger Messerschmidt Me 163 "Komet" ausgebildet. Zum Fliegen kam er nicht mehr, aber die Fliegerei blieb einer seiner Leidenschaften. In der Kriegsgefangenschaft begann er mit dem Gitarrenspiel, übte jeden Tag an die 16 Stunden und begann dann seine professionelle musikalische Laufbahn als Rhythmus-Gitarrist im Tanz- und Unterhaltungsorchester des damaligen Nordwestdeutschen Rundfunks in Hamburg. Bereits 1952 schrieb er für einen Dokumentarfilm eine erste Filmmusik.

Vorbilder? Für mich war Henry Mancini ein toller Komponist und Arrangeur.
Martin Böttcher

Pierre Brice (l) als Apachen-Häuptling Winnetou und Lex Barker als sein Blutsbruder Old Shatterhand in einer Szene des Karl-May-Films "Im Tal des Todes"  | Bildquelle: picture-alliance/dpa Bildquelle: picture-alliance/dpa 1954 später verabschiedete sich Martin Böttcher von seinem Tanzorchester und gab die Gitarristentätigkeit auf, um sich am Schreibtisch über dem Notenpapier vornehmlich dem Komponieren und Arrangieren zu widmen. Anders als beispielsweise seine Kollegen Werner Müller und Bert Kaempfert, die sich neben dem Komponieren und Arrangieren auch als Big-Band-Leader profilierten, absolvierte Martin Böttcher eher wenige Live-Auftritte als Orchesterleiter.

Film und Fernsehen

In stetem Fluss komponierte er für den Film. Erste berühmte Titel waren "Die Halbstarken" und "Endstation Liebe", beide mit Horst Buchholz in den Hauptrollen, später die Pater-Brown-Krimis mit Heinz Rühmann, eine Reihe von Edgar-Wallace-Thrillern und natürlich die insgesamt zehn "Winnetou"-Filme mit Pierre Brice und Lex Barker in den Hauptrollen, deren Erkennungsmelodien Martin Böttcher in den 1960er-Jahren internationale Berühmtheit bescherten. Das "Old Shatterhand"-Thema von 1962 stand 17 Wochen lang an der Spitze der Charts und wurde mehr als 100.000 Mal verkauft, damals eine echte Sensation.

Best of Martin Böttcher

  • Old Shatterhand-Melodie - "Der Schatz im Silbersee" (1962)
  • Winnetou (1963 - 1965)
  • Pater Brown/Pfarrer Braun (2003 -2013)
  • Kara Ben Nemsi Effendi (1973/1975)
  • Sonderdezernat K1 (1972–1982)
  • Es muss nicht immer Kaviar sein (1977)
  • Das Kriminalmuseum (1963–1968)
  • Edgar Wallace: Das Gasthaus an der Themse (1962)
  • Oberst Wennerström (1965)

Die Reihe der Fernsehmusiken Böttchers ist lang: Sie umfasst noch beliebte Serien wie "Das Kriminalmuseum", "Gertrud Stranitzki" mit Inge Meysel, "Es muss nicht immer Kaviar sein" mit Siegfried Rauch, "Air Albatross" mit Wolf Roth, "Schöne Ferien" mit Claudia Rieschel, Simone Rethel und Sigmar Solbach sowie "Pfarrer Braun" mit Ottfried Fischer.

Der Böttcher-Sound

 Filmkomponist Martin Böttcher | Bildquelle: picture alliance / Carsten Rehder/dpa Filmkomponist Martin Böttcher | Bildquelle: picture alliance / Carsten Rehder/dpa In all diesen Film- und Fernsehmusiken kultivierte Martin Böttcher einen Sound, der von großer Originalität und Eigenständigkeit geprägt ist. Es sind einprägsame diatonische Melodien, gepaart mit einer klangsinnlichen Harmonik über kräftigen Basslinien, eingebettet in einen warmen, weichen, volltönenden Gesamtklang. In der Tat dürfte es schwer fallen, ein Böttcher-Stück zu finden, bei dem man nicht schon nach 15 Sekunden die unverkennbare Handschrift des Komponisten erkennen würde.

Sendung: "Mittagsmusik" am 22. April 2019 ab 12:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (3)

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Mittwoch, 24.April, 16:12 Uhr

Thomas Müller

Wir verneigen uns!

Wie Ludwig Wicki in dem Konzert "Der Schatz im Silbersee" als einleitendes Wort am Ostermontag verneigen wir uns aus Respekt vor seiner Musik die vielen Menschen viel Freude und Gänsehaut-Feeling bereitet hat. Aber auch vor einem Lieben und immer bescheiden gebliebenen Menschen ohne Arroganz und Eitelkeiten. Ich bin mir sicher Martin Böttcher sieht nun viele Menschen wieder die vor ihm gegangen sind und mit ihm an den unvergessenen Karl-May-Filmen gearbeitet haben ob vor oder hinter der Kamera! Ihre Musik bleibt unvergessen und unsterblich!

Montag, 22.April, 20:54 Uhr

Suzy

Lang lang ist's her und doch überdauert die Musik

Das macht mich sehr traurig. Seine Musik, eine geniale Mischung aus Sentimentalität und Easy Listening, war Nostalgie pur. Eine Ära geht zu Ende... Möge er in Frieden ruhen.

Montag, 22.April, 12:16 Uhr

Wilfried Wittkowsky

Zutiefst traurig

Wir verloren einen Freund :(

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