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Das Antlitz Spaniens Der Dichter Miguel Hernández

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts prangerte Miguel Hernández in seiner surrealen Lyrik soziale Missstände und Ungerechtigkeit an. Während des spanischen Bürgerkriegs kämpfte er nicht nur mit Worten, sondern auch mit seinen Händen gegen den aufkommenden Faschismus und für die Freiheit. Viele seiner Texte wurden von Flamenco-Sängerinnen und -Sängern aufgegriffen und leben bis heute intensiv fort.

Miguel Hernández - spanischer Dichter | Bildquelle: © Wikimedia

Bildquelle: © Wikimedia

Er war ein einfacher Hirtensohn aus Orihuela, einer Provinzstadt in der Levante zwischen Murcia und Alicante, wo er am 30. März 1910 zur Welt kam, und wurde mit seiner politischen Lyrik zu einem vehementen Kämpfer für die Freiheit während des Spanischen Bürgerkriegs. Miguel Hernández prangerte die Ausbeutung der Olivenpflücker an und soziale Ungerechtigkeit, wurde Mitglied der kommunistischen Partei und ließ seinen zündenden Worten auch Taten folgen im Kampf gegen den aufkommenden Faschismus Francos. Ein Engagement, das den leidenschaftlichen Dichter aus dem Volk schließlich ins Gefängnis brachte, wo er mit nur 31 Jahren starb.

Herzenssprache

Josefina Manresa | Bildquelle: © Dipuación de Jaén Josefina Manresa | Bildquelle: © Dipuación de Jaén Miguel Hernández war ein Dichter des spanischen Volkes, aus einfachen Verhältnissen stammend, der sich in seinen Versen sozialkritisch engagierte. Doch auch Liebeslyrik nimmt einen zentralen Platz in seinem Werk ein. Als er die fünf Jahre jüngere Josefina Manresa kennenlernte, die er 1937 heiratete, dominierte das Thema Liebe sogar sein Schreiben. Tief empfunden, ungekünstelt und ehrlich.

Als Stimme des Volkes hatte er auch eine enge Beziehung zur Musik des Volkes, wie seine Frau Josefina berichtet: "Wir sangen gemeinsam. Er sang sehr gerne Volkslieder und die traditionellen Melodien. Er ging aufs Land zum Schreiben. Und er ging in die Berge, den Kopf voller Ideen. Dann war sein Gesicht voller Befriedigung, wie das Gesicht eines Engels."

Schon ist meine langsam-weite Sprache Herz, mein Herz ist schon weite und langsame Sprache.
Miguel Hernández

Befreiung aus geistiger Enge

Pablo Neruda | Bildquelle: picture-alliance/CTK Der chilenischen Botschaftsattaché und Schriftsteller Pablo Neruda | Bildquelle: picture-alliance/CTK Auf der Suche nach Anschluss an die literarischen Zirkel seiner Zeit, kam es 1935 zu einer schicksalhaften Begegnung: Hernández lernte in Madrid Pablo Neruda kennen, der ihn mit hymnischen Worten ehrte: "Die Erinnerung an Miguel Hernández will nicht mehr aus den Wurzeln meines Herzens weichen. Der Gesang der levantinischen Nachtigallen, ihre zwischen Dunkelheit und Orangenblüten errichteten Türme aus Tönen waren für ihn bedrängende Gegenwart, waren Teil seines Blutes, seiner Dichtung aus Erde und Wald, in der sich alles Übermaß an Farbe, Duft und Stimmen der spanischen Levante verbündete mit dem Überfluss und dem Hauch einer machtvoll-männlichen Jugend. Sein Antlitz war das Antlitz Spaniens."

Botschaften aus dem Gefängnis

Von nun an wird Miguel Hernández‘ Dichtung noch politischer und sozialkritischer. Die Themen des unterdrückten Volkes treten in den Vordergrund und eine flammende Leidenschaft:

Für die Freiheit blute, kämpfe, überlebe ich.
Für die Freiheit gebe ich meine Augen, meine Hände,
wie ein Baum aus Fleisch,
großzügig und gefangen, den Wundärzten.

Hernández brannte für sein Heimatland und verstummte selbst im Gefängnis nicht. Seine Mitgefangenen brachten die auf Toilettenpapier niedergeschriebenen Verse in Sicherheit, als Miguel Hernández am 28. März 1942 mit nur 31 Jahren im Gefängnis von Alicante an Tuberkulose starb.

Es sind die vielleicht intimsten Gedichte, die Miguel Hernández jemals geschrieben hat, wie das berühmte "Wiegenlied von der Zwiebel" für seinen kleinen Sohn.

Flieg, mein Kind
an den Doppelmond der Brust.
Jener, traurig wie die Zwiebel.
Du, zufrieden.
Brich nicht zusammen.
Wisse nicht, was geschieht
und was sich zuträgt.

Widerhall im Flamenco

Museum, Wohnhaus von Miguel Hernandez, Orihuela | Bildquelle: picture-alliance/imageBroker Das Wohnhaus von Miguel Hernández in Orihuela | Bildquelle: picture-alliance/imageBroker Viele Flamencosänger und -sängerinnen, wie etwa Carmen Linares oder Enrique Morente, haben die emotionalen Verse von Miguel Hernández für ihre Musik entdeckt. Eine Musik, die tief verwurzelt ist im spanischen Volk und die Seele des Landes zum Ausdruck bringt. Genauso wie der Dichter aus Orihuela, der eine Stimme des Volkes war, in schwierigen Zeiten Missstände und Ungerechtigkeiten angeprangert hat und schließlich Opfer des Faschismus wurde. Die Tragik des Lebens, der Durst nach Freiheit, die Olivenbäume als Sinnbild für das ländliche Spanien mit all seiner sozialen Ungleichheit - das sind Themen von Miguel Hernández, die bestens zum Flamenco, dem Gesang aus dem tiefen Süden Spaniens, passen.

Radio-Tipp

Musik der Welt
Samstag, 1.6.2019, 23:05 Uhr, BR-KLASSIK

Gesänge von Durst, Oliven und Freiheit
Der Dichter Miguel Hernández im Flamenco
Eine Sendung von Florian Heurich

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