BR-KLASSIK

Inhalt

Kostprobe | 08.03.2020 Kate Lindsey - Arianna

Von Theseus verlassen, von den Opernkomponisten geliebt. "Arianna" heißt das neue Album von Kate Lindsey mit Musik von Scarlatti, Händel und Haydn.

CD-Cover: Kate Lindsey - Arianna | Bildquelle: © alpha classics

Bildquelle: © alpha classics

Sie gilt als Prototyp der verlassenen Frau: Ariadne oder in opernitalienisch Arianna genannt. Da hatte sie dem Theseus, seines Zeichens Prototyp des antiken Helden, also geholfen den Minotaurus zu besiegen und zum Dank lässt der sie einsam auf der Insel Naxos zurück. Je nach Version der Geschichte bleibt ihr dort nur der Selbstmord beziehungsweise die Ehe mit einem weinseligen Olymp-Bewohner. Welche Option da als die Bessere erscheint, bleibt im Auge der mitfühlenden Betrachterin. Sei's drum. Ariannas Geschichte hatte schon Opern-Pionier Monteverdi zu seinem leider verschollenen Werk inspiriert, und später jede Menge weiterer Komponisten. Mit Alessandro Scarlatti, Händel und Haydn zeigt Kate Lindsey nun drei Arianna-Kantaten aus dem 18. Jahrhundert im Panorama.

Nichts für Weicheier

Sich zu verlieben sei eine der schönsten, aber auch gefährlichsten Unternehmungen im Leben, schreibt Kate Lindsey im Booklet. Anders gesagt: die Liebe ist nichts für Weicheier. Und Lindseys Arianna, die klingt auch eher nach hochgekrempelten Hemdsärmeln als nach Schicksalsergebenheit. Natürlich kann Kate Lindey die Geschichte der Arianna nicht neu erfinden, aber eine arme, verlassene Frau, die sich dem Schicksal ergibt, ist da definitiv nicht zu hören. Ihr kraftvoller Mezzo schreit vor Verzweiflung, leidet wunderbar hingebungsvoll, rast vor Wut.

Perfect match

Begleitet wird Kate Lindsey vom Ensemble Arcangelo unter Jonathan Cohen und das ist, wie man so schön sagt, ein perfect match. Besonders reizvoll ist es, den Musikern bei ihrer klangfarbenreichen Reise vom vollbarocken Scarlatti über Händels galante Rokoko-Version bis hin zum klassischen Haydn zuzuhören. Sich Papa Haydn einmal aus der anderen Richtung zu nähern, ihn als den Modernsten und Jüngsten im Bunde wahrzunehmen statt als Großvater der Haydn-Mozart-Beethoven-Trias, das ist eine eher ungewohnte Perspektive, die neue Entdeckungen möglich macht. Zum Beispiel verliebt man sich ganz neu in den Klarinettenklang, der im Vergleich zur älteren Schwester der Oboe auf einmal so modern klingt.

Fazit: Daumen hoch für diese starke Arianna, die in ihren verzweifelten Momenten anrührt und ansonsten heldenhafte Stärke zeigt. Könnte man die Herren Scarlatti und Co um einen Gefallen bitten, so müssten sie für diese Arianna wohl das Ende umschreiben. Was uns wiederum auf Monteverdis Opern-Ur-Version bringt, die ja größtenteils verschollen ist. Wer weiß, welches Ende die Geschichte bei ihm genommen hätte.

Kate Lindsey - Arianna

Alessandro Scarlatti, Georg Friedrich Händel, Joseph Haydn
Kate Lindsey
Ensemble Arcangelo, Jonathan Cohen (Leitung)

Label: alpha classics

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 8. März 2020, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

    AV-Player