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Joaquín Rodrigo - seine Tochter Cecilia erzählt Jede Note einzeln diktiert

Joaquín Rodrigo wurde 97 Jahre alt, der blinde Komponist starb 1999 in Spanien. Bekannt ist er vor allem für das "Concierto de Aranjuez" für Gitarre und Orchester. Ob er selber auch Gitarre spielte?

Bildquelle: © picture-alliance / dpa

BR-KLASSIK: Was war Ihr Vater für ein Mensch?

Cecilia Rodrigo: In meiner Erinnerung war er jedenfalls ein wunderbarer Mensch – voller Leben und mit sehr viel Humor. Und obwohl er so viel gearbeitet hat, hat er sich immer Zeit für mich genommen.

BR-KLASSIK: Inwiefern hat Ihr Vater Sie denn eingebunden in sein musikalisches Leben?

Cecilia Rodrigo: Das hat tatsächlich erst relativ spät begonnen. Ich bin ja ausgebildete Balletttänzerin und habe mein eigenes Leben geführt. Ich habe 25 Jahre in Brüssel gelebt. Irgendwann habe ich begriffen, was für ein bedeutender Komponist mein Vater ist. Seitdem kümmere ich mich um sein kompositorisches Schaffen. Ich habe zunächst den Verlag Ediciones Joaquín Rodrigo gegründet und später dann die Victoria und Joaquín Rodrigo Stiftung. Diese beiden Institutionen bilden zusammen eine Art Familienunternehmen. Wir erreichen sehr viel durch all unsere Aktivitäten. Die Verwaltung des Vermächtnisses meiner Eltern ist eine ganz einzigartige Aufgabe.

Komponieren in Brailleschrift

BR-KLASSIK: Ihr Vater war blind und hat seine Kompositionen auch in Blindenschrift verfasst. War das für Ihren Vater ein sehr harter Weg oder hat er im Grunde mit seiner Blindheit sehr gut gelebt? Er ist ja schon als Kind blind geworden.

Cecilia Rodrigo: Da er blind war, hat er seine Kompositionen in der Brailleschrift niedergeschrieben. Um sie für andere lesbar zu machen, musste alles in eine normale Notenschrift übertragen werden. Heute kennt man ein solches Übertragungssystem gar nicht mehr. Deshalb erkläre ich es bei meinen Vorträgen – teilweise auch anhand von Videos. So kann man diesen einzigartigen kreativen Prozess besser nachvollziehen. Mein Vater hat einem Kopisten jede einzelne Note diktiert. Sie können sich vorstellen, wieviel Zeit das gekostet hat – bei einer Orchesterpartitur mit 50 oder mehr Instrumenten und vielen tausend Noten. Jedenfalls dauerte das viel länger als das Komponieren selbst. Meine Mutter hat dann die letzten Korrekturen vorgenommen. Diesen unglaublichen Vorgang kann man nur verstehen, wenn man ihn sieht. Zu seiner Zeit standen blinden Komponisten ja noch keine Computer zur Verfügung.

BR-KLASSIK: Ihr Vater hat berühmte Gitarrenkonzerte geschrieben, von denen jetzt einige bei den Aschaffenburger Gitarrentagen aufgeführt werden. Hat er eigentlich selber Gitarre gespielt?

Cecilia Rodrigo: Nein, er hat kein einziges Mal eine Gitarre in den Händen gehalten. Aber er war ein grandioser Pianist.

In seiner feinsinnigen Musik wird die Kultur Spaniens authentisch und unverfälscht repräsentiert.
Cecilia Rodrigo über ihren Vater

Botschafter der spanischen Kultur

BR-KLASSIK: Wie würden Sie seine Musiksprache beschreiben? Manche bringen ihn ja in Verbindung mit Béla Bartók.

Cecilia Rodrigo: Für mich und für viele Musikwissenschaftler war mein Vater ein wichtiger Botschafter der spanischen Kultur. In seiner feinsinnigen Musik wird die Kultur Spaniens ganz authentisch und unverfälscht repräsentiert. Viele kommen heute nach Spanien, um Urlaub zu machen, Paella zu essen und Sangrìa zu trinken. Aber Spanien ist so viel mehr. Genau das kommt in seiner Musik zum Ausdruck.

Mehr zu den Aschaffenburger Gitarrentagen finden Sie unter diesem Link

Sendung: "Leporello" am Freitag, den 15. März 2019 ab 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK