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Felix Mendelssohn verirrt sich in der Schweiz In die Irre geführt von einem Einsiedler

Rapperswil, den 1. September 1831. Zuerst war er sauer, der junge Felix Medelssohn Bartholdy: Hatte ihm doch jemand auf einer Wanderung in der Schweiz den falschen Weg gewiesen! Doch dann entdeckte er, dass die Landschaft, die er so unverhofft kennenlernte, durchaus ihre Meriten hatte. So verwandelte sich Ärger in Freude ...

Komponist Felix Mendelssohn Bartholdy | Bildquelle: picture alliance / akg-images

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"Ich kann vor Wut kaum zu Worte kommen!" Felix Mendelssohn drückt die Feder aufs Papier, dass es knirscht. "Sie sind ausgebälgte Spitzbuben, haben mich betrogen, irregeführt!" Sie – das sind die Bewohner des Schweizer Wallfahrtsorts Einsiedeln. "Das ganze Nest, wie sich's um das aufgeblasene Kloster hergelagert hat, und die betenden Menschen auf der Landstrasse und die stolzen Pfaffen und die geschmacklos verzierte Kirche – das alles hat mich schon ennuyiert. Aber gar noch so angeführt zu werden von einem Einsiedler!"

Wutschnaubend am Zürichsee

Das also ist der Grund für den Wutausbruch in Mendelssohns Tagebuch: Ein Bewohner von Einsiedeln hat ihn in die Irre geführt. Eigentlich wollte Mendelssohn heute von der Stadt Schwyz über den Haggenegg-Pass zum Walensee wandern. Aber dann hat in Einsiedeln jemand in die falsche Richtung gezeigt. Und nun sitzt er, Felix Mendelssohn Bartholdy, wutschnaubend am Zürichsee, wo er gar nicht hinwollte. Der Komponist atmet tief durch, blickt in die untergehende Sonne über dem Wasser und lässt den Tag nochmal Revue passieren. Vielleicht war doch nicht alles schlecht.

Frischer Wind und lustige Quellen

"Gerechtigkeit muss sein, der Weg über den Haggeneggpass ist prächtig", schreibt Mendelssohn. "Er ist zwar ziemlich steil und beschwerlich von Schwyz her, dafür entschädigt einen die Aussicht auf den Vierwaldstättersee, die Schneeberge drüber, der frische Wind und die lustigen Quellen, und besonders die süperben Mythen, die man dicht neben sich hat."

Das "Schweizerlied" aus Mendelssohns Streichersymphonie Nr. 11

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String Symphony No. 11 in F Major "Commodo Schweizerlied": II. Scherzo | Bildquelle: Armonie String Quartet - Topic (via YouTube)

String Symphony No. 11 in F Major "Commodo Schweizerlied": II. Scherzo

Erster Tourist der Musikgeschichte

Die Mythen – zwei Bergspitzen, die wie zwei störrische Felspyramiden, hie und da mit etwas Grün überwachsen, die Passhöhe überragen. Für Generationen von Jakobspilgern waren sie schlicht ein gefährliches Hindernis auf ihrem Weg. Mendelssohn aber wandert zum Vergnügen und bewundert ihre Schönheit. Und wird damit zum ersten Touristen der Musikgeschichte: "Das lustige Alphorn, die weißen Wölkchen über dem See, die Klarheit und Schärfe der Zacken, das Licht – nichts hat gefehlt!"

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 12:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 01. September 2023 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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