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Kritik - Keisers "Die römische Unruhe, oder Die edelmütige Octavia" Zauberhafte Momente unter freiem Himmel

Die beiden sächsischen Komponisten Reinhard Keiser und Georg Friedrich Händel waren große Konkurrenten. 1705 vertonten beide in Hamburg denselben Opernstoff um den größenwahnsinnigen römischen Kaiser Nero. Händels Oper ist verschollen, doch "Die römische Unruhe, oder Die edelmütige Octavia" von Reinhard Keiser blieb erhalten. Am 22. August kam das selten gespielte Werk bei den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik in der Regie von François de Carpentries auf die Bühne. Es gelangen zauberhafte Momente, lediglich die Personenregie ließ Lebendigkeit vermissen.

"Die römische Unruhe" oder "Die edelmütige Octavia" | Bildquelle: © Innsbrucker Festwochen / Rupert Larl

Bildquelle: © Innsbrucker Festwochen / Rupert Larl

Die Kritik zum Anhören

Opern mit Alternativtiteln haben heutzutage etwas leicht Unseriöses an sich. Konnte der Komponist sich nicht für einen Titel entscheiden, oder hat er gar aus zwei Ideen eine gemacht? Vor dreihundert Jahren waren sie allerdings groß in Mode, und es gab auch andere Opern-Gepflogenheiten, die man heute als künstlerisch unanständig bezeichnet: Viele Komponisten verwerteten ganz offen eigene Werke oder auch Musik ihrer Kollegen, Stücke wurden je nach Fähigkeiten der Sänger einfach umgeschrieben, man verwendete mehrere Sprachen in einem Opus und vermischte gerne auch Tragik mit dem Komischen. So auch in Reinhard Keisers "Die römische Unruhe, oder Die edelmütige Octavia". 1705 wurde das Stück am Hamburger Gänsemarkt-Theater uraufgeführt. Die Innsbrucker Festwochen-Produktion findet trotz nicht mehr ganz so sommerlicher Temperaturen unter freiem Himmel im Hof der theologischen Fakultät statt.

Makellos junge Stimmen

"Die römische Unruhe" oder "Die edelmütige Octavia" | Bildquelle: © Innsbrucker Festwochen / Rupert Larl Bildquelle: © Innsbrucker Festwochen / Rupert Larl Begleitet vom 18-köpfigen "Barockensemble:Jung" unter Leitung von Jörg Halubek haben die elf Solisten in gut dreieinhalb Stunden Musik ausgiebig Gelegenheit, ihre Liebessehnsüchte zum Ausdruck zu bringen. Allen voran der selbstherrliche Tyrann Nero, der seine treu liebende Frau Octavia zugunsten seiner neuen Flamme Ormoena loswerden möchte. Morgan Pearse als Nero und die Octavia Suzanne Jerosme sind wie die meisten der Solisten aus dem Innsbrucker Cesti-Gesangswettbewerb rekrutiert und im Barock-Repertoire bereits international erfolgreich. Die souveräne Octavia bekommt vokale Konkurrenz von drei weiteren Sopranistinnen. Es ist ein Genuss, diesen jungen, makellosen Stimmen zuzuhören. Allerdings fällt bei den langen deutschen Rezitativen doch auf, dass sich unter den Solisten kein einziger Muttersprachler befindet und daher im Umgang mit der Sprache gelegentlich Luft nach oben möglich wäre. Trotz der Positionierung des Orchesters in der rechten Hofecke stimmt die Balance, und es gelingen zauberhafte Momente besonders in den großen Arien.

Die Inszenierung in Bildern

Regisseur François de Carpentries und Ausstatterin Karine van Hercke setzten auf das Konzept von Theater im Theater und lassen Nero als Regisseur auf dem spärlich mit Requisiten aus Pappmaché versehenen Bühnenpodest agieren. Leider verändern sich die Charaktere über den Verlauf des Abends nicht. Die hübsch barockisierenden Kostüme lassen die Akteure zwar anders aussehen, aber die edle Octavia bleibt ätherisch, die begehrte Ormeona aufgekratzt, der Aufrührer Piso tolpatschig und die verliebte Clelia lasziv. So zieht sich die wenig dramatische Handlung der Oper dann doch, und man hätte bei aller musikalischer Schönheit auf ein paar Seiten verzichten können. So sollte sich der Besucher vor allem mit warmer Kleidung wappnen und eine Extra-Stunde Zeit mitbringen, um Reinhard Keisers "Römische Unruhe" in Innsbruck in vollem Umfang genießen zu können.

Innsbrucker Festwochen der Alten Musik 2017

Vom 18. Juli bis 27. August 2017

"Die römische Unruhe, oder Die edelmütige Octavia" von Reinhard Keiser

Die nächsten Vorstellungen:
Freitag, 25. August 2017 um 20.00 Uhr
Samstag, 26. August 2017 um 20.00 Uhr


Weitere Infos und Termine finden Sie auf der Homepage: Innsbrucker Festwochen der Alten Musik

Sendung: Allegro am 23. August 2017 ab 06.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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