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Kritik - Donizettis "Liebestrank" auf Gut Immling Kreuzfahrt mit Schmunzel-Potenzial

Nemorino in Gaetano Donizettis Oper "Der Liebestrank" ist ein schüchterner Bauernbursche, der sich in seine Chefin, die Pächterin Adina, verliebt hat. Als der Scharlatan Dulcamara im Dorf vorbeikommt, um seine Wundermittel an den Mann zu bringen, hofft Nemorino, mit Hilfe eines Liebestranks die Gunst seiner Angebeteten zu erlangen. Der Trank ist "nur" Rotwein, tut aber trotzdem seine Wirkung, denn vom Alkohol enthemmt, gesteht Nemorino Adina seine Liebe. Das Opernfestival auf Gut Immling präsentiert den "Liebestrank" in einer Inszenierung von Verena von Kerssenbrock. Am 1. Juli war Premiere.

Die Kritik zum Anhören:

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Wer schon mal gedanklich mit einer Kreuzfahrt geliebäugelt hat, wird nach dem Besuch dieser "Liebestrank"-Produktion diesen Plan womöglich wieder beiseitelegen: Zu Beginn, noch vor der Einleitung, entern Touristen die zum großzügigen Oberdeck eines Schiffs umgestaltete Bühne und tun das, was viele Touristen gerne tun: Sie laufen mit bunt bedruckten XXL-T-Shirts durch die Gegend und streiten sich um die Liegestühle. Und dann legt man ab. Dirigentin Cornelia von Kerssenbrock, die Schwester der Regisseurin, gibt den Einsatz - im weiß-goldenen Kapitäns-Outfit samt Mütze.

Die "Liebestrank"-Inszenierung in Bildern

Ein angejahrter Jack Sparrow

Fein und filigran - wie von Donizetti komponiert - musiziert das wache und sensible Immlinger Festivalorchester. Melancholisch schmachtend, keck auftrumpfend, zart begleitend - souverän zaubert die Dirigentin die vielen Farben der Partitur mit ihren Musikerinnen und Musikern aus dem "Graben": Das Orchester sitzt im Swimming-Pool des Kreuzfahrtschiffs - mit Badekappen. Adina, Animateurin auf dem Schiff, trägt Badeanzug, der sehnige Schlacks Belcore, ein General, zeigt sich erst in Uniform, und dann im regenbogenfarbenen Frotteemantel und in der Badehose. Beide machen auch stimmlich gute Figur, die etwas zurückhaltend agierende Elisa Cenni mit luftig-leichtem, nur in der extremen Höhe angestrengtem Sopran, der akrobatisch-spielfreudige Carlo Checchi mit hellem, aber tragfähigem Bariton. Begeisternd der in bester Buffo-Manier prächtig aufdrehende und doch wunderbar kontrollierte Sergio Foresti als Dulcamara - kostümiert in der Manier eines etwas angejahrten Piraten Jack Sparrow. Sein erster Auftritt verpufft allerdings szenisch - da öffnet sich einfach ein Schornstein. Spektakulär geht anders.

Wuselige Hundertschaft

Donizettis "Liebestrank" auf Gut Immling | Bildquelle: Festspiele Immling / Nicole Richter Ein Schwimmreifen als überdimensionaler Ehering, beherzte Sprünge in den Pool, Wellness-behandelte Damen aus der unteren Mittelschicht - es gibt viel zu schmunzeln, aber ist denn in dieser Oper alles eitel Buffo-Laune, wie uns die detailverliebte Inszenierung Verena von Kerssenbrocks versichert? In einer einzigen Szene nur sind Adina und der Schiffsjunge Nemorino für sich: Der Himmelsprospekt am Bühnenhintergrund leuchtet stimmungsvoll im Abendsonnenlicht, an einem Tisch spielen zwei Herren Schach, sonst herrscht Leere auf dem Deck - und sofort stellt sich diese Magie ein, die Donizettis Musik auch verströmt. Aber gleich darauf wuselt und wieselt wieder eine Hundertschaft Passagiere (der präzis intonierende und klangmächtige Immlinger Festivalchor) über die Szene - und man weiß gar nicht, wo man zuerst hinschauen soll.

Balzender Rivale

Man wünscht sich ein wenig mehr Platz für die Geschichte, die sich da abspielt - und die für Nemorino fast tragische Züge trägt: Er leidet schwer am balzenden Rivalen Belcore um die Gunst Adinas. Dafür hat er die schönste Arie - und Chuanliang Wang hat die Ausstrahlung und die Stimme dafür: nicht ganz ungefährdet in der Mittellage, aber mit viel Schmelz und noch mehr Glanz in der Höhe. Donizettis "Liebestrank" auf Gut Immling: macht nicht seekrank, dafür - wie sich's gehört - leicht beschwipst und viele Premierenbesucher glücklich.

Die Vorstellungen

Gaetano Donizetti:
"Der Liebestrank" ("L'elisir d'amore")

21. Festspiele Immling

Musikalische Leitung: Cornelia von Kerssenbrock
Inszenierung & Bühnenbild: Verena von Kerssenbrock

Premiere:
Samstag, 01. Juli

Weitere Vorstellungen:
Freitag, 07. Juli, 19.30 Uhr
Freitag, 14. Juli, 19.30 Uhr
Sonntag, 23. Juli, 19.30 Uhr
Samstag, 29. Juli, 19.30 Uhr
Freitag, 04. August, 19.30 Uhr

Sonntag, 9. Juli und Sonntag, 16. Juli, jeweils 17 Uhr:
"Der Liebestrank" für Kinder


Sendung: "Leporello" am 03. Juli 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK