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"Orpheus in der Unterwelt", Theater Regensburg
Bildquelle: Martin Sigmund
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"Orpheus in der Unterwelt", Theater Regensburg
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"Orpheus in der Unterwelt", Theater Regensburg
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Die FROSCH-Begründung
„Ein Weib, das Lieb‘ und Sehnsucht plagen“ – oder: „Jetzt sitz ich hier mitten im Hades und langweile mich langsam tot“
"Orpheus in der Unterwelt“ ist keine Neuentdeckung mehr. Zurzeit läuft er wieder an einigen Theatern im deutschsprachigen Raum. Immer kommen Ironie, Witz und Menschenkenntnis des Stücks durch. Aber selten ist schmerzlich in all der Komik spürbar, wie da ein Mensch leidet. Einer? Mehrere. Und Götter dazu!
Oberflächlichkeit. Das wird vielen Operetten attestiert. Auch dieser. Aber in Regensburg kann man ihr das nicht mehr nachsagen. Denn da ist Eurydike verzweifelt und einsam. Sie sehnt sich nach Aufmerksamkeit und Liebe. Und schluckt deshalb die bittere Todesmedizin. Am Ende wird sie Bacchantin – das wollte sie nicht. Aber sie hat keine Chance mehr und muss sich der Macht beugen. Ewiges Unglück ist ihr Lohn.
Ein tragisches Ende. Trotz witzigen Generationenkonflikts in der Götterwelt. Trotz bockig-betrügerischen Ehemanns. Trotz erpresserischer öffentlicher Meinung (also Journalistin), trotz zuhälterischer Unterwelt, trotz komisch-traurigem Styx, trotz älterem Herrn im klamaukig-zweitem Frühling, trotz, trotz, trotz…. trotz all dem gibt es wirklich berührende Momente. Das ist neu. Und deshalb wirkt das ganze Werk anders. Im hervorragend besetzen Ensemble werden auf einmal Typen sichtbar. Verstrickungen. Sehnsüchte. Enttäuschungen. Hinter der Oberfläche lauert die Verzweiflung.
Bildquelle: BR-Klassik Operetten-Boulevard
Vor allem Theodora Varga als Eurydike ist der Motor dieser Doppelbödigkeit. Sie kann singen! Und sie kann alles spielen: Klamauk, Sexappeal, Überdrüssigkeit, Tragik. An Ihrer Seite ein glänzend aufgelegtes Ensemble mit tanzendem Chor, Chorsolisten und einem kleinen Ballettchen. Alles schön ineinander verzahnt. Nichts einzeln.
Die drei Spielorte: Reihenhaussiedlung, antiseptisch-weißer Olymp und düster-versiffte Bar-Unterwelt bringen alles in eine sinnvolle Reihenfolge, die bis zum Schluss durchgehalten wird. Klare Erzählung, gut zu verstehen. Nichts irritiert.
Dazu wunderbar singende Solisten und ein gut aufgelegtes, spritziges Orchester! Das ist Operettenglück. Es wäre noch vollständiger, wenn die Textverständlichkeit auch ohne Übertitel funktionieren würde. Daran ist noch zu arbeiten.
Orpheus in der Unterwelt als Zerrspiegel der Gesellschaft. Das hat hier bestens und sehr unterhaltsam funktioniert. Besonders bei den Rosenkriegsszenen hat das Publikum herzlich gelacht. Orpheus ganz heutig mit Wiedererkennungseffekt – Lob für Operettenmut! Frosch erfolgreich geküsst !
Findet das Team vom Operetten-Boulevard auf BR-KLASSIK.
„Orpheus in der Unterwelt“ von Jacques Offenbach am Theater Regensburg in der Textfassung von Peter Lund, Inszenierung von Nicole Claudia Weber
Los geht´s …
... in der Kassenhalle des umgebauten Velodroms. Es sieht nun aus wie ein französisches Lokal in Regensburg: das Orphée in der Unteren Bachgasse. Wenn dann noch Unterweltgott Pluto im neuen pfeffrigen Vorspiel seine Gefolgsleute mit bösen Ideen und mitreißender Musik aufputscht, kann das Publikum nur noch gespannt sein auf all das, was nun kommt.
Überraschung:
Und es kommt … eine super-sexy-50er-Jahre-Eurydike im roten, engen Kleid, die als vernachlässigte Ehefrau mit lasziven Bewegungen ihrer Sehnsucht nach Abwechslung Ausdruck verleiht. Kein Wunder, dass sie in der Reihenhäuschen-Idylle mit Sat-Antennen dem Nachbarn verfällt. Er sieht aus wie Elvis und kann das Pelvis ebenso schwingen.
Größte Lacher:
Jupiter verführt mit einem (wie die Tapete) geblümten Ganzkörper-Body und großem Fliegenkopf Eurydike in der Badewanne. Dünne Beine und dicker Bauch, dazu behände Körpersprache! Wie witzig.
Gelungenste Szene:
Im ersten Akt tobt der Rosenkrieg. Eurydike liebt den Nachbarn und hasst ihren Ehemann. Der liebt seine Geigenschülerinnen und ist froh, die Gattin los zu werden. Trotzdem mag er es nicht, dass der Nachbar ihn ersetzt und so quält er sein Ehegespons mit Geigenklängen. Irgendwie erinnert das an Kräche zu Hause.
Verblüffend:
Die Bearbeitung von Peter Lund hat die Texte ins Heute geholt. Und so erlebt das Publikum außer einem Rosenkrieg noch gelangweilte Reiche, undankbare Kinder, Männer im zweiten Frühling, mafiöse Barbesitzer, unglücklich Liebende und eine Journalistin mit Erpressungsneigung. Die Mythologie braucht es gar nicht. Das Stück ist in dieser Form auch so gültig.
Herausragend:
Im sehr gut besetzen und spielfreudigen Ensemble kann Theodora Varga als Eurydike wirklich alles vermitteln: Die sexy Geliebte, die unglückliche Ehefrau, die einsam Verlassene, die komisch sich Hingebende, die Überdrüssige. Und das jeweils nicht eindimensional, sondern doppelbödig. Dazu kann sie singen! Wenn Theodora Varga die Bühne betritt, ist die voll.
Aha-Effekt:
Im Olymp geht es auch um einen Rosenkrieg – und dazu noch um Generationskonflikte. Jupiter bekommt Unterstützung von Enkel Cupido, wenn er auf Freiersfüßen wandelt. Weil Cupido Geld fürs Feiern braucht, steckt ihm der Opa - wie im wahren Leben - Geld zu. Noch nie so gesehen.
Berührend:
Ein durch und durch überraschendes Stück hat Nicole Claudia Weber mit Peter Lunds textlicher Hilfe da auf die Bretter gebracht. Dass in diesem Getümmel durchkommt, wie einsam Eurydike eigentlich ist, wie sie bis zum Schluss immer wieder enttäuscht und herumgeschubst wird – das ist sehr berührend. Und es ist vor allem Theodora Varga zu verdanken. Trotz großer Komik spielt sie empfindsame Momente.
Mutig, neu, zeitgemäß:
Orpheus in der Unterwelt ist ein Standardstück. Es modern zu deuten ohne die eigentliche Substanz zu verlieren, sondern sie im Gegenteil noch mit Tiefe zu verdichten, das ist neu und zeitgemäß. Dazu in Regensburg noch die Verbindung mit einem Restaurant – das ist mutig.
Sei kein Frosch, küss ihn:
Die Redaktion Operette ist überzeugt und gratuliert dem Intendanten Jens Neundorff von Enzberg – und auch dem hinreißend spielfreudigen Ensemble und Orchester unter der Leitung von Tom Woods – zu großem Operettenmut.
Textfassung: Peter Lund
Inszenierung: Nicole Claudia Weber
Musikalische Leitung: Tom Woods
Ausstattung: Karl Fehringer, Judith Leikauf
Choreographie: Tamás Mester
Daramturgie: Ruth Zapf