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BR-KLASSIK vergibt August-Frosch 2019 "Cloclo" von Franz Lehár an das Lehár Festival Bad Ischl

Der Operettenfrosch Juli 2019 "Cloclo" geht an das Lehár-Festival Bad Ischl von Franz Lehár. Eine Inszenierung von Markus Kupferblum.

Clo-Clo in Bad Ischl | Bildquelle: Foto Hofer

Bildquelle: Foto Hofer

Steckbrief

"Cloclo“ von Franz Lehár, Lehár Festival Bad Ischl, Regie: Markus Kupferblum

Los geht´s …   
Mit einer opulenten Lehár-Ouvertüre, dargeboten vom bestens aufgelegten Lehár-Orchester, dem Marius Burkert berauschende Lehár-Klänge entlockt...

Überraschung:   
Dass ein Conferencier angekündigt war und trotzdem fast der gesamte Dialog gespielt wurde. Denn nichts braucht dieses Stück mehr als den fließenden Übergang von Dialog und Musik. Cloclo ist mehr ein Lustspiel mit Musik als eine typische Operette. Und so begnügt sich der Conferencier von Frank Voß mit Szenenanweisungen (die oft witzig die Aktionen kommentieren) – und damit, die Nebenfiguren geschickt zu ersetzen. Die Hauptfiguren aber entfalten pralles Bühnenleben auf ihrem schmalen Laufsteg vor dem Orchester. Und Sieglinde Feldhofer war in der Titelrolle der durchtriebe Teufel in Person einer reizenden Tänzerin.

Operettenpreis August 2019  | Bildquelle: BR-Klassik Operetten-Boulevard Bildquelle: BR-Klassik Operetten-Boulevard



Größte Lacher:  

Gelacht wurde durchgehend, und so war der größte Lacher nicht einmal mit dem Lachometer auszumachen. Erregt hat ihn auf jeden Fall das komische alte Paar, Susanna Hirscher und Gerd Vogel, als Melusine und Severin Cornichon. Allein Vogels Mimik ist eine Augenweide – und hat eine durchaus beabsichtigte Ähnlichkeit mit der des französischen Komikers Louis de Funès. Zum Glück setzt sie Vogel sparsam ein. Aber wenn er sich in seinem Tango-Tagtraum nach Cloclo sehnt und die dann tatsächlich erscheint, löst das bei ihm die totale Verwirrung aus -  zumal plötzlich seine Frau vor ihm steht. Das könnte leicht auf das Niveau von          Schwiegermütterwitzen abgleiten, wird aber von Vogel und Hirscher souverän überspielt. Und als Susanna Hirscher dann zu ihrem großartigen Garconne-Couplet auch noch die Haare löst und die Hüften schwingt, tobt der Saal vor Lachen.

Gelungenste Szene: 
  
Wenn Gattin Melusine plötzlich in Paris auftaucht und glaubt, Cloclo wäre das uneheliche Kind ihres Mannes, das sie nun wieder in den Schoß der Familie aufnehmen müsse. Oder die Klavierstunde: Lehrer Chablis verzweifelt schier an Cloclos pianistischer Unfähigkeit, kapituliert aber zugleich vor ihren geschickt eingesetzten Reizen. Das ist ein kabarettistisches Kabinettstückchen.

Verblüffend:
Wie selbstverständlich die Sänger in dieser halbszenischen Aufführung vom Sprechen ins Singen übergehen und umgekehrt. Deshalb entsteht, obwohl sie dabei ganz ohne große Ausstattung auskommen und im zweiten Teil wegen der knappen Probenzeit sogar den Text ablesen müssen – lebendiges Theater. Verblüffend!

Herausragend:
Ist neben der Komödiantik die musikalische Umsetzung. Marius Burkhard hat mit dem Lehár-Orchester mittlerweile ein staunenswertes Niveau erreicht. Sein Gespür für die richtigen Tempi, vor allem aber sein Sinn für die Klang-Valeurs von Lehárs Partitur weisen ihn als einen der zurzeit besten Operettendirigenten aus. Und das Schönste: Jedes Orchestermitglied hat             offensichtlich Spaß und ein Lächeln im Gesicht.

Aha-Effekt:    
Wenn das Orchester die Garde Cloclos mit Gongschlägen und orientalischen Vokalisen begrüßt, fühlt man sich ins Land des Lächelns versetzte. Und tatsächlich scheint sich Lehár hier selbst parodiert zu haben, war doch Die Gelbe Jacke (die Urform des Land des Lächelns) sein letztes, vor Cloclo aufgeführtes, Werk und ein totaler Durchfall. Indem er dieses Zitat unvermittelt in eine übermütige Veuve-Cliquot-Stimmung überführt, beweist er - Aha! - einen bisher wenig bekannten Sinn für Ironie.

Mutig, neu, zeitgemäß:
Mutig, eine solch unbekannte Operette, wenn auch halbszenisch, auszugraben. Voll szenisch wäre es noch mutiger gewesen. Dass das funktioniert hätte, zeigt das begeisterte Publikum. Nur hätte man dafür und um die Geschichte um die anarchistische Tänzerin noch zeitgemäßer zu machen, die etwas überstrapazierten Schwiegermütter-Witze etwas reduzieren müssen.

Sei kein Frosch, küss ihn: Die Redaktion Operette ist überzeugt und gratuliert zu großem Operettenmut.

Musikalische Leitung:
Marius Burkert
Regie: Markus Kupferblum
Choreographie: Evamaria Mayer
Ausstattung: Toto

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