Der Operettenfrosch März 2019 "Die Prinzessin von Trapezunt" an das Theater für Niedersachsen Hildesheim von Jacques Offenbach. Eine Inszenierung von Max Hopp.
Bildquelle: ©TfN, Hildesheim
"Die Prinzessin von Trapezunt" an das Theater für Niedersachsen Hildesheim
Regie: Max Hopp
Los geht´s …
… mit einer über die Bühne schwebenden Puppe, die an eine Seiltänzerin erinnert. Und dann kommen auch schon die Schausteller und bauen ihre Bude auf. Die hat eine knallrote Theaterfassade mit knallroten Vorhang. So bunt und eindrucksvoll wie sie ist auch die kleine Truppe: Ein Theaterdirektor mit seiner Schwester, einer anscheinend bärenstarken Frau – seine beiden Töchter, Seiltänzerin und Puppenbetreuerin, sowie ein zugelaufener Harlekin, der in die Ballerina verliebt ist.
Überraschung:
Wir haben es hier mit einer Kammerfassung zu tun. Es fehlt der Chor – oder er fehlt überraschenderweise auch nicht. Denn er wird ersetzt durch einen Conferencier und durch Puppen, die gleichberechtigt mitspielen. Teilweise mannsgroß, virtuos zum Leben erweckt und mitten im Geschehen - manchmal auch klein und kommentierend. Sogar Offenbach ist anwesend, wird aber glücklicherweise in seinen Erklärungen zu dem, was Theater ist, kann, soll unterbrochen.
Größte Lacher:
Wenn der Prinzenerzieher Sparadrap an seine Rente denkt, der strenge Fürst Kasimir durchs einzelne Gesträuch schreitet, um zu jagen, oder wenn die drei Puppen-Diener sich über ihren Prinzen mokieren – dann schmunzelt das Publikum. Das fulminante Finale mit enthemmt feiernden Schlossbewohnern aber riss es zu Beifallsstürmen und langem Lachen hin.
Gelungenste Szene:
Gut gearbeitet waren alle Typen, alle Situationen. Besonders wenn der Conferencier mit zwei gleich großen Puppen auftritt und mit ihnen (als Bauchredner) spielt, wie mit zwei Kollegen, dann ist das großes Schauspielerkönnen. Wenn er aber einen Jägerchor zur Orchesterbegleitung rezitiert (damit der nicht fehlt), so den witzigen Text herausstellt und gleichzeitig einen Chor ersetzt – dann spricht das Publikum darüber noch auf dem Nachhauseweg.
Bildquelle: BR-KLASSIK Operetten-Boulevard
Verblüffend:
Jede Rolle exakt gearbeitet. Die Texte sauber gesetzt. Die Situationen gut ausgeführt. Den Humor ebenso dosiert wie die Emotion. Und dabei eine wunderbare Ensembleleistung samt gleichberechtigt mitspielender Puppen auf die Bühne gebracht. Dazu ein das Geschehen differenziert unterstützendes Orchester – wenn auch die Bearbeitung mit Klavier sicher Geschmackssache ist – das alles funktioniert wie ein Räderwerk, das ineinander greift. Verblüffend.
Herausragend:
… wie dann alles zusammenwächst: Die Textbearbeitung für diese Kammerfassung, die Orchesterbearbeitung für die schmale Sänger-Besetzung. Dazu das Bühnenbild, mal Nähe herstellend, mal Raum schaffend. Die Puppen, mal animiert, mal still als Bühnenbild stehend – und das Ensemble. Vor allem ist bemerkenswert, dass Max Hopp es in dieser seiner ersten Regie – Operetten-Regie(!) – schafft, bis zum allerletzten Wort und zur allerletzten Note die Spannung zu halten – gar zu steigern.
Aha-Effekt:
Hopp, in Berlin bekannt dafür, dass er Operetten kann - als Darsteller an der Komischen Oper, zeigt, dass er Operette auch für Sänger inszenieren kann. Und dann noch so ein irrationales Werk wie die Prinzessin von Trapezunt. In der ein Prinz sich in eine Puppe verliebt. Max Hopp hat es geschafft, das Publikum zu davon überzeugen, dass Puppen leben. Er hat auch vermittelt, dass es im Leben immer darauf ankommt, was man draus macht. Und dass man die Chancen beim Schopfe packen soll. Steht so im Programmheft – wird aber auch ohne das auf der Bühne deutlich.
Mutig, neu, zeitgemäß:
Kein Märchen. Kein Schaustellerstück. Keine Satire. Keine Komödie. Kein Drama. Kein Puppentheater. Kein Baden in Kostümen und Kulissen. Aber von allem die richtige Dosis. Ein märchenhaftes, liebenswertes Stück um Schausteller, andere Menschen und Puppen, die erst aufeinandertreffen müssen, um glücklich zu werden. Komödiantisch, dramatisch, mit lustigen Kostümen und sinnvollen Bühnenbildern. Süffig, prall, überraschend. Vielleicht hätte nur manchmal noch etwas mehr Bewegung und Nutzen des Bühnenbildes (Bild 1 und 2) sein können.
Sei kein Frosch, küss ihn: Die Redaktion Operette ist überzeugt und gratuliert zu großem Operettenmut.
Musikalische Leitung und Klavier: Adam Benzwi - Musikalische Assistenz/Dirigent und Klavier ab 24.3.2019 Sergei Kiselev
Inszenierung: Max Hopp
Bühne und Kostüme: Caroline Rössle Harper
Puppenbau: Paul Hentze
Offenbachpuppe: Erik Raskopf