SWEET SPOT.
Neugierig auf Musik
Freunde sehen? Noch schnell die Geige zu Hause abholen? Dazwischen noch was erledigen? Dafür fährt Marc Bouchkov auch mal die Strecke Köln-Frankfurt-Hamburg-Berlin – an einem Tag. Alles kein Problem: Einen Großteil seines Lebens verbringt Marc eh im Auto.
Bildquelle: Juan C. Roa
Der Podcast zum Anhören
Marc Bouchkov
Zug, Flugzeug oder Bus? Alles okay. Aber am liebsten fährt Marc Bouchkov mit dem Auto. Am allerliebsten seinen Sportwagen. Einen Alfa Romeo 159. Baujahr 2006. In grau. Weil er ziemlich viel reisen muss, ist sein Auto sein zweites Zuhause geworden, wie er sagt. Sein Büro. Sein Office. Und sein Meditationsraum. Mit seinem Alfa fühlt sich der Geiger unabhängig, kann direkt von Tür zu Tür fahren. Wenn er spontan in Paris frühstücken wolle, erzählt er, brauche er einfach nur loszufahren. Eine Freiheit, auf die er ungern verzichten möchte.
Freiheit. Die haben seine Eltern auch gesucht, als sie als Bürger der UdSSR zu einer Konzerttournee nach Südfrankreich aufbrachen – und einfach blieben. Seine Großeltern mütterlicherseits lebten auch schon hier, in Montpellier, wo Marc 1991 geboren wurde. Hier war die russisch-ukrainisch-stämmige Familie, eine Geiger-Dynastie durch und durch, wieder vereint. Aber nur auf Zeit. Die Eltern trennten sich und der junge Geiger wurde wie ein Sohn von den Großeltern erzogen, was nicht immer ganz leicht war.
Auf der einen Seite wollte sich Marc dort, im Migranten-Viertel Villaban in Montpellier, integrieren. Aber seine Kumpels hatten nur wenig Verständnis dafür, dass er so viel Zeit mit Üben verbrachte und er so viel auf seine Hände aufpassen musste.
Wenn Freunde zu Besuch kamen, fragten sie: Lebst Du in einem Museum?
Marc erlebte seine Jugend als Doppelleben. Zu Hause gab es nur klassische Musik, alles andere war tabu, verboten, wie er erzählt. Mit seinen Freunden begeisterte er sich aber auch für Rap und Rock. Seine Großeltern waren deshalb not amused, als sein Vater eines Tages mit einer E-Gitarre anrückte. Überhaupt schleppte er immer wieder Zeug an, die dem rebellischen Sohn entgegenkamen und auf die die Schwiegereltern keinen Bock hatten.
"Mit 15 wollte ich Rockstar werden, kein Geiger", erzählt Marc, der da auch schon erste Kompositionsversuche auf dem Computer machte. Seine Helden waren nicht mehr die großen Geiger, sondern Jimi Hendrix und AC/DC. Aber nach ein bis zwei geigenfreien Monaten spürte er, dass er sich ohne sein Instrument komplett leer fühlte. Bis heute spielt er trotzdem noch Gitarre und produziert auch eigene Tracks, vor allem Rap-Songs, aber eben zum Spaß. Sein Fokus ist die klassische Musik – und zwar ziemlich erfolgreich. Im Juni 2019 gewann er den 2. Preis beim berühmtem Tschaikowski-Wettbewerb.
YouTube-Vorschau - es werden keine Daten von YouTube geladen.
#TCH16 - Marc Buchkov (Final Round)
Seine Kindheit und Jugend prägen bis heute seine Interpretationen. Marc sagt, er fühle sich durch die Erziehung seiner Großeltern "oldschool", wenn er Bücher und Briefe über Komponisten liest, um einen Zugang zu Werken zu finden. Wie hat der Komponist gelebt? Wie ging es ihm? Was ist um ihn herum passiert? Fragen, die Marc unbedingt beantwortet braucht, um sich in ein Stück hineinfinden zu können. Er sei aber trotzdem ein moderner Mensch, liebe Fortschritt und Technik – und eben flotte Autos. In seinem Alfa kann er ganze Tage und Nächte verbringen – und danach wenigstens noch ein bis zwei Stunden Geige üben, auch wenn er schon 800 Kilometer hinter sich hat.