SWEET SPOT.
Neugierig auf Musik
Als Dirigentin eines Profi-Orchesters gehört sie eigentlich unter Artenschutz gestellt. Oksana Lyniv, die ehemalige Assistentin von Kirill Petrenko an der Bayerischen Staatsoper, hat gerade ihre Zelte in München abgebrochen und den Posten als Chefdirigentin an der Oper Graz angetreten. Mitten im Umzugsstress hat die gebürtige Ukrainerin aber noch einen freien Termin für einen Besuch bei U21-VERNETZT gefunden.
Bildquelle: © Alescha Birkenholz
U21-VERNETZT - mit Oksana Lyniv
"Als Dirigentin muss man streng sein"
"Sie sind mit Sicherheit kein Toscanini, aber Sie haben eine große Zukunft vor sich!" Ein alter, gebrechlicher Mann tauchte wie aus dem nichts auf und sprach ganz unvermittelt Oksana Lyniv an, die nach dem gerade bewältigten Abschlusskonzert am Lemberger Musik-College mit ihren Eltern plauderte. Nach diesem Satz verschwand der alte Mann wieder, Oksana hatte nicht mal die Gelegenheit, ihn nach seinem Namen zu fragen. "Diese Worte waren für mich damals wie aus einer anderen Welt, im Nachhinein wie eine Prophezeiung," sagt Oksana Lyniv heute.
Oksana und der Dirigentenstock - es war keine Liebe auf den ersten Blick. Viel zu sehr interessierte sie sich auf dem Musik-College für alle möglichen anderen Fächer: Klavier, Instrumentieren, ukrainische Folklore-Instrumente. Auch Dirigieren war dabei, doch für Oksana eben nur ein Nebenfach. Dann, als der Orchesterleiter des Lemberger Musik-College sich irgendwann den Arm gebrochen hatte, mussten die Studenten die Orchesterproben selbst in die Hand nehmen. Schnell stellte sich heraus: Oksana Lyniv hat großes Talent fürs Dirigieren. Mühelos behauptete sie sich gegen die Musikstudenten-Meute und gab wie ganz selbstverständlich den Ton an.
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Die Musiker Konstantin Manaev und Kateryna Titova waren beim Fesival, das Oksana Lyniv in der Ukraine gegründet hat, mit dabei. | Bildquelle: Alescha Birkenholz
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Im U21-VERNETZT-Studio sorgten Kateryna Titova (Klavier) und... | Bildquelle: Alescha Birkenholz
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...Konstantin Manaev (Violoncello)... | Bildquelle: Alescha Birkenholz
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...für den musikalischen Rahmen und... | Bildquelle: Alescha Birkenholz
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...berichteten über ihre frischen Eindrücke vom LvivMozArt-Festival in Lemberg. | Bildquelle: Alescha Birkenholz
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Kateryna Titova stammt selbst aus der Ukraine, ihr Heimatland hat sie mit 15 Jahren verlassen. | Bildquelle: Alescha Birkenholz
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Konstantin Manaev kommt aus Russland. Für ihn war es besonders spannend, in Lemberg zu spielen... | Bildquelle: Alescha Birkenholz
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...weil seine Eltern und Großeltern aus dieser Stadt stammen. | Bildquelle: Alescha Birkenholz
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Oksana Lyniv im U21-VERNETZT-Studio | Bildquelle: Alescha Birkenholz
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Oksana Lyniv, Konstantin Manaev und Kateryna Titova mit der Moderatorin Annekatrin Schnur | Bildquelle: Alescha Birkenholz
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Annekatrin Schnur und Oksana Lyniv | Bildquelle: Alescha Birkenholz
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Annekatrin Schnur und Oksana Lyniv | Bildquelle: Alescha Birkenholz
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Annekatrin Schnur und Oksana Lyniv | Bildquelle: Alescha Birkenholz
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Annekatrin Schnur und Oksana Lyniv | Bildquelle: Alescha Birkenholz
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Oksana Lyniv, Konstantin Manaev und Kateryna Titova mit der Moderatorin Annekatrin Schnur | Bildquelle: Alescha Birkenholz
Nach dem College bewarb sich Oksana für Symphonisches Dirigieren an der Musikhochschule ihrer Heimatstadt. Und dann ging alles ziemlich rasant: Schon während des Studiums machte der Chefdirigent der Lemberger Oper Oksana zu seiner Assistentin, beim Gustav-Mahler-Dirigentenwettbewerb der Bamberger Symphoniker holte sie den 3. Preis, 2013 wurde sie Assistentin von Kirill Petrenko an der Bayerischen Staatsoper und gerade hat sie ihren ersten Chefdirigentenposten angetreten - an der Oper Graz.
Als ob das Dirigieren die letzte Männer-Bastion wäre.
"Als Dirigentin muss man streng sein. In erster Linie zu sich selbst,“ sagt Oksana Lyniv. Immerhin hat die Ukrainerin eine steile Karriere hingelegt - in einer klar von Männern dominierten Welt. Frauen als Dirigentinnen sind besonders in Mitteleuropa weiterhin eine Rarität. Um an gute Positionen zu kommen, muss man erst einmal durch die Stereotypen-Wand durch, sagt Oksana. In ihrer Studienzeit musste die Ukrainerin einige abwertende Bemerkungen ihrer männlichen Kollegen einstecken. "Als ob das Dirigieren die letzte Männer-Bastion wäre, die Männer im 21. Jahrhundert noch versuchen zu verteidigen. Aber auch die ist jetzt langsam erobert."
Und dazu hat die Dirigentin Oksana Lyniv wesentlich beigetragen. Heute ist ihr Kalender prall gefüllt, gerade hat sie ihr Antrittskonzert in Graz absolviert, in ihrer ukrainischen Heimat Lemberg hat sie kürzlich das Musikfestival LvivMozArt gegründet. Den Menschen im krisen- und kriegsgebeutelten Land will sie damit neue Perspektiven aufzeigen - und Europa soll sehen, dass die Ukraine nicht nur ein Kriegsgebiet mit politischen Problemen, sondern auch ein Ort mit lebendiger Kulturszene ist. Dafür soll auch das erste ukrainische Jugendorchester überhaupt sorgen, das Oksana Lyniv gegründet hat - mit jungen Musikern aus dem Osten und Westen des Landes. Sogar Flüchtlinge aus dem besetzten Donezk spielen hier mit. Für diese Ideen kämpft Oksana Lyniv - und eins ist völlig klar: Diese Frau hat eine große Zukunft vor sich.