SWEET SPOT.
Neugierig auf Musik
Jedes Jahr küren die Landesmusikräte ein Instrument des Jahres. 2021 ist es die Orgel und sie steht damit ein Jahr lang im Rampenlicht. SWEET SPOT widmet diese Sendung der "Königin der Instrumente" und taucht in die Tiefen und die Höhen des imposanten Instruments ein – zusammen mit dem Organisten Johannes Berger.
Bildquelle: Astrid Ackermann
Sie besitzt einen gewaltigen Klangreichtum und geradezu unvorstellbare Dimensionen – die "Königin der Instrumente", die Orgel. Die Größte ihrer Art steht heute in Atlantic City, in den USA, hat 450 Pfeifenreihen und wiegt 150 Tonnen.
Johannes Berger, Organist und Kustos der Heldenorgel in Kufstein, der größten Freiluft-Orgel der Welt | Bildquelle: Johannes Berger
Unglaublich, dass der Organist oder die Organistin diese Masse an Instrument ganz allein von der Orgelbank steuern kann. Dabei ist Multitasking gefragt: Immerhin bedienen die Finger die Klaviaturen und die Registerknöpfe, während die Füße mit den Pedalen beschäftigt sind.
Die größte Freiluft-Orgel der Welt mit ihren immerhin 4.948 Pfeifen steht übrigens im österreichischen Kufstein. Durch die günstige Anbringung des Pfeifenwerkes unter dem Dach des Bürgerturmes und den immens hohen Winddruck ist diese Orgel ungewöhnlich weit in Richtung Nord-Ost zu hören. Je nach Windverhältnissen sind die Orgelklänge bis zu zehn Kilometer in das benachbarte Bayern hörbar – auch während der Pandemie täglich um 12:00 Uhr.
Orgelwerke sind oft sehr schwer und erfordern ein Höchstmaß an Koordination.
Der griechische Tüftler Ktesibios experimentiert mit Pfeifen und Wasserdruck. | Bildquelle: picture alliance / ©Costa/Leemage
Die Orgel ist uns vor allem aus der Kirche bekannt, dabei hat dieses monumentale Instrument eine noch längere Geschichte auf dem Buckel. Erfunden wurde sie im 3. Jahrhundert v. Chr. vom griechischen Tüftler Ktesibios. Die unterschiedlich großen Pfeifen kannte er schon von der Panflöte, die Luftzufuhr steuerte er aber nun über eine wasserbetriebene Druckpumpe. So gelang es Ktesibios, einen gleichmäßigen Ton ohne Atemunterbrechungen zu erzeugen. Halb Maschine, halb Instrument erklang die Wasserorgel im griechischen Amphitheater, später dann bei Gladiatorenkämpfen in der römischen Arena.
Erst im 8. Jahrhundert n. Chr. kommt die Orgel ins Fränkische Reich: als tragbare Orgel mit Blasebalg für Spielleute auf den Straßen oder kleinere Tischorgel in adeligen Wohnzimmern. Und in die Kirchen. Mit mehreren Manualen, die aussehen wie geschichtete Klaviaturen, mit Pedalen im Fußraum und Registerzügen. Die bestimmen, in welche Pfeifen die Windzufuhr geleitet wird. So klingt die Orgel mal nach Trompeten, mal nach Geigen oder Oboen – oder eben wie ein ganzes Orchester.
Junger Johann Sebstian Bach an der Orgel | Bildquelle: picture alliance / akg-images
Einer, der im 18. Jahrhundert die Orgel richtig groß macht, ist Johann Sebastian Bach. Der englische Historiker und Zeitzeuge Charles Burney schrieb über Bach: "Von Klangfülle war er so besessen, dass er – abgesehen von seinem fortwährenden exzessiven Pedalspiel – diejenigen Tasten mit einem Stöckchen im Mund herunterdrückte, die er im jeweiligen Augenblick weder mit Händen noch mit Füßen erreichen konnte."
Nie konnte Bach an einer Kirche vorbeigehen, ohne die Orgel darin auszuprobieren. Als echter Orgelfreak kannte er sich nicht nur mit der Mechanik des Instruments gut aus, sondern schrieb auch unvergleichliche Choräle, Fugen und Fantasien. Damit zeigte er der Welt, was die Orgel so drauf hat.
In den nachfolgenden Jahrhunderten wird der Orgelklang immer homogener und das Instrument noch monumentaler. In der Zeit der Romantik erlebt die Orgel einen weiteren Höhepunkt: Die Komponisten wie Felix Mendelssohn Bartholdy oder Max Reger entdecken die sinfonische Orgelmusik für sich. Und im 20. Jahrhundert kam die Rgel sogar in die Kinos: Da die ersten gezeigten Filme noch ohne Ton auskommen mussten, übernahmen Organisten oft die musikalische Untermalung.
Am 11. Januar 2021 ist der Organist Johannes Berger bei SWEET SPOT von 21:05 bis 23:00 Uhr zu Gast. Mit ihm zusammen ergründen wir die Geschichte, die Bauweise und die Vielfältigkeit der Orgel.
Es moderieren Annekatrin Hentschel und Clemens Nicol.
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