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Kurze Geschichte der Fantasy-Soundtracks Von "Fantasia" bis "Herr der Ringe"

Fantasie ist die Ur-Kraft des Kinos. Und nirgendwo verzaubert das Kino so sehr, wie im Fantasy-Genre. Ein kurzer Überblick zur Geschichte des Fantasy-Films und zu den besten Soundtracks des Genres.

Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln - Szene aus dem Film | Bildquelle: Walt Disney

Bildquelle: Walt Disney

Die 30er - Klassik und Farbe

Zwei der ersten großen amerikanischen Farbfilme sind Fantasy-Filme. Disneys „Fantasia“ von 1940 zum Beispiel. Mickey Mouse ist als Zauberlehrling zu sehen und kämpft zu klassischer Musik gegen einen Besen.


Schon ein Jahr früher gibt es den "Zauberer von Oz", der als Schwarz-Weiß-Film beginnt. Ein Wirbelsturm erfasst das Haus der kleinen Dorothy - Judy Garland mit 17! - und verpflanzt es in eine bunte Fabelwelt. Im Film erklingt nicht nur das Titellied, viele weitere Musical-Szenen ergänzen die Handlung. Disney greift bis heute immer wieder gerne auf das Rezept 'Zeichentrick-trifft-Musical' zurück - zuletzt sehr erfolgreich mit dem Hit Frozen.

Die 50er und 60er: Jules Verne und 1001 Nacht

Den Fantasy-Sound der 1950er und 60er Jahre prägte auch Bernard Hermann. Der Hitchcock-Komponist schreibt Musik zur Antiken-Saga "Jason und die Argonauten"; und bei "Reise zum Mittelpunkt der Erde" setzt er gleich vier Orgeln ein. Die Spezialeffekte von Ray Harryhausen holpern noch ein bisschen: ganze Schlachten mit Monstern sind per Stop Motion - also im Einzelbildverfahren - aufgenommen.

Die verschiedenen Wesen habe er mit ungewöhnlichen Instrumentenkombinationen dargestellt und jeden Charakter, jede wichtige Szene mit einem eigenen Leitmotiv, so erklärte Bernard Herrmann seine Herangehensweise an das Fantasy-Genre.
Bei "Sindbands 7. Reise“ instrumentiert Herrmann den Kampf der Skelette mit tiefem Blech und rasendem Xylophon:

Die 80er und 90er: Ein Land namens "Phantásien", Action und der Reiz des Düsteren

Zwei Jahrzehnte später nutzt man in Deutschland das Fantasy-Genre ganz teutonisch-bierernst für verkappte Sozialkritik - zum Beispiel in zwei Filmen nach Michael Ende: Einmal "Momo" mit den grauen Herren, die den Menschen die Zeit stehlen - und vor allem der deutsche Fantasy-Jugendroman überhaupt: "Die unendliche Geschichte". Die schwelgerisch-leichte Musik mit Orchester und Schlagzeug stammt von Klaus Doldinger, der gerade seinen 80. Geburtstag gefeiert hat.

Während es in Deutschland um den Wert von Fantasie geht, setzt Amerika auf Action-Szenen - das merkt man natürlich auch am Klang. Indiana Jones kämpft in drei aufeinanderfolgenden Filmen ums Überleben: gegen Nazis, vergiftetes Blut, wandernde Tempelwände und so weiter… und das alles zur Musik von John Williams.

Fantasy-Soundtracks live erleben

Karten für das BR-KLASSIK Filmmusik-Konzert "Sounds of Cinema" zum Thema "Fantasy" am 24. Juni im Circus Krone Bau in München gibt es hier.

1990 beginnt eine verschroben-verspielte Epoche des Fantasy-Kinos: Johnny Depp als Schauspieler, Tim Burton als Regisseur und der Filmkomponist Danny Elfman drehen gemeinsam fünf Filme. "Edward mit den Scherenhänden" war der erste Streich. Danny Elfmans Klangwelt mit Vibraphon und Glockenspiel ist wohlig-warm, wie für eine Spieluhr geschrieben - oder, als ob die Geschichte in einer heilen Glaskugelwelt spielte.

Zu den Filmen des kreativen Trios Depp-Burton-Elfman gehört auch eine komplette Neufassung von „Alice im Wunderland“ - wahrscheinlich der knallbunteste Film überhaupt. Johnny Depp spielt den verrückten Hutmacher und Danny Elfman übergießt die Traumwelt des berühmten Kinderbuchs mit lyrischer Musik und Kinderstimmen…

Je unrealistischer die Handlung, desto klassischer die Musik

Ein Rezept im Fantasy-Genre: Je größer und unrealistischer die Handlung, desto "klassischer" die Musik. So setzt zum Beispiel John Williams ein riesiges romantisches Orchester bei Star Wars ein. Ähnlich arbeitet auch Howard Shore in der „Herr der Ringe“-Trilogie.

Natürlich hat Wagner mir da den Weg gezeigt, wie man Geschichten erzählt durch Leitmotive.
Howard Shore

Eigentlich versteckt sich dahinter eine Renaissance von Musiktheater, von Wagner und Co - nur eben nicht im Opernhaus, sondern im Kinosaal, meint der Komponist Howard Shore.

Die 2010er: Verjüngungskur

Seit 2011 macht das Fantasy-Genre eine neue Verjüngungskur durch. Diesmal nicht im Kino, nicht als Buch oder als Computerspiel, sondern im Fernsehen. Und wieder klingt die Musik sinfonisch:

Auch Ramin Djawadi baut für die Serie "Game of Thrones" typische Fantasy-Klänge ein. Alles riecht ein bisschen nach Irland und nach Mittelalter. Der Sound: Viele Trommeln und ein tief gespieltes Cello, das auch als altertümliche Gambe durchgehen könnte. Ein Klanggemälde von weiten Landschaften jenseits von Industrialisierung und Hi-Tech.
Ob Westeros, Mittelerde oder Phantásien: Fantasy ist eben auch immer ein bisschen Weltflucht.

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