BR-KLASSIK

Inhalt

Kritik - "Into the Woods" in Coburg Gefühlsverwirrungen im Wald

Der Wald spielt in Märchen von jeher eine große Rolle: Hier treffen die Märchenfiguren mit ihren Wünschen und Sehnsüchten aufeinander. Stephen Sondheim zeigt in "Into the Woods" die Märchenfiguren mit menschlichen Fehlern und Schwächen. Allmählich erkennen sie, welche Konsequenzen ihr Streben nach der Erfüllung ihrer Wünsche nach sich ziehen kann. Ein Stück für Kinder ist dieses Musical nicht. Im Landestheater Coburg hatte "Into the Woods" jetzt Premiere.

Bildquelle: © Sebastian Buff

"Als das Wünschen noch geholfen hat" so beginnt der "Froschkönig", das erste der "Kinder- und Hausmärchen" der Brüder Grimm. Und auch Stephen Sondheims Musical "Into the Woods" beginnt und endet mit "I wish". Was bedeuten uns unsere Wünsche, und was passiert, wenn sie erfüllt werden?  Bruno Bettelheims psychoanalytische Studie "Kinder brauchen Märchen" ist eine der Grundlagen von Sondheims Musical aus dem Jahre 1986. Doch "Into the Woods" selbst ist weniger für Kinder als für Erwachsene, so sarkastisch und zynisch, voll schwarzem Humor, durchaus vergleichbar dem Gesellschaftsbild in einem Woody-Allen-Film.

Viele Märchen in einem Musical

Bildquelle: © Sebastian Buff Zusammengebastelt ist das Musical aus vielen Märchen: Rotkäppchen, Aschenbrödel, Hans im Glück. Außerdem kommt ein Bäcker vor, der sich mit seiner Frau ein Kind wünscht. Aber was passiert, wenn der Wunsch erfüllt ist? Plötzlich die Wohnung zu klein wird und die Beziehung des Paares auseinanderbricht? Während im ersten Teil das Ensemble hektisch seine Wünsche zu erfüllen sucht, herrscht im zweiten Teil Resignation. Am berührendsten ist dabei wohl die Hexe (Kora Paveli), die ihr Kind Rapunzel nicht loslassen kann, eine unglücklich alternde Frau. Der Wald also das Unbewusste, das Reich der Triebe, das für Verwirrung der Gefühle sorgt, wie in Shakespeares Sommernachtstraum.

Choreographie in der Puppenkiste

In Coburg hat Regisseur Joan Anton Rechi das Ensemble der Märchenfiguren in eine große Puppenkiste gesteckt, weniger psychologische Charaktere, sondern stilisiert choreographiert, in einem Bühnenbild von Gabriel Insignares. Die Kostüme erinnern an die Welt von Alice im Wunderland.

Feinfühliges Kammerspiel

Bildquelle: © Sebastian Buff Musikalisch ist Sondheims Musical im Theater Coburg sehr gut aufgehoben. Hier erprobt man immer wieder erfolgreich neue Formen der musikalischen Komödie. Trotz des großen Ensembles von 16 Sängern kann Sondheims Musical wie ein musikalisches Kammerspiel erscheinen, das immer wieder auch ein Erzähler – er wird schließlich von den Märchenfiguren dem Riesen ausgeliefert – als Sprechrolle unterbricht. Dirigent Roland Fister führt Sondheims Musiksprache feinfühlig und differenziert vor, manchmal wünschte man sich, dass man im kleinen Coburger Theater auch auf die elektronische Verstärkung verzichtet hätte. Und da Übertitel den Text verdeutlichen, hätte man vielleicht auch auf die deutsche Fassung von Michael Kunze verzichten und im Original singen können.

Sendung: "Leporello" am 10. Dezember 2018 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Weitere Informationen

Die Termine der weiteren Aufführungen finden Sie auf der Webseite des Landestheaters Coburg.