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Zum 80. Geburtstag von Jordi Savall Leidenschaftlicher Entdecker

Ein Weltstar der Alten Musik feiert seinen 80. Geburtstag: Jordi Savall. Der Katalane wurde am 1. August 1941 in Igualada geboren, einer kleinen Stadt in der Nähe von Barcelona mit einer alten Festung und engen, gewundenen Gassen. Von dort aus hat Savall die Musikwelt revolutioniert: Er hat die Viola da gamba wieder populär gemacht, nicht zuletzt durch sein Mitwirken im Film "Die siebente Saite" mit Gérard Dépardieu. Wie Nikolaus Harnoncourt hat er ein breites Publikum für Alte Musik begeistert; seine Ensembles "Hesperion XXI" und "Le Concert des Nations" werden auf der ganzen Welt umjubelt.

Bildquelle: picture-alliance/dpa

"Die Musik befreit den Menschen", sagt Jordi Savall. "Sie ist die wahre, lebendige Geschichte der Menschheit. Wenn wir die Musik hören, fühlen wir die gleichen Emotionen wie die Menschen vor 1000 Jahren." Es ist kein bloß historisches oder neutral wissenschaftliches Interesse, was diesen Musiker antreibt, sondern ein tief empfundener Humanismus. Und wahrscheinlich macht gerade das den Unterschied aus zu vielen anderen Kollegen aus der Originalklang-Szene, die wie er in staubigen Notenbibliotheken auf Schatzsuche gehen. Wenn Jordi Savall in der fernen Vergangenheit gräbt, hat er zugleich den Menschen von heute im Blick.

Sie können sich nicht vorstellen, welche Freude es bereitet, wenn man ein Stück lernt und merkt: Das ist wunderbare Musik!
Jordi Savall

Auf der Suche nach unbekanntem Repertoire war der junge, neugierige Cello-Student Jordi Savall in den 1960er Jahren auch auf ein damals noch völlig exotisches Instrument gestoßen: die Viola da gamba. Sofort verliebte er sich in ihren zärtlichen Klang. "Die Viola da gamba ist ein Instrument, das mir erlaubt, ganz allein zu spielen", schwärmt Savall. "Und wenn ich dann die Diskantgambe nehme, dann ist das, als wenn ich im Ensemble die erste Geige spiele!"

Brückenschlag zu anderen Kulturen

Jordi Savall | Bildquelle: Capella Antiqua Bambergensis Und so, die Gambe zwischen die Knie geklemmt, einen feinen blauen Schal über der Schulter, mit graumeliertem Bart und freundlichen Augen hinter der Lesebrille, leitet Jordi Savall noch heute sein Ensemble "Hesperion XXI", das er 1974 aus der Taufe hob. Millionen von Platten hat er mittlerweile verkauft, und zwar nicht nur Musik von Bach und Mozart, sondern eben auch mit Estampien des Mittelalters oder labyrinthischen Sonaten von Marin Marais. Inzwischen produziert er aufwändig gestaltete Hörbücher, die Brücken schlagen zu anderen Kulturen - mit Gastmusikern aus Armenien, der Türkei oder Syrien. "Für mich ist die Begegnung mit diesen Musikern aus dem Orient die essentielle Erfahrung der letzten Jahre", erklärt er. "Wenn ich diese Musiker singen höre, dann ist das für mich wirklich authentisch: nicht gelernt, sondern gelebt. Unsere Musik ist tot - in dem Sinne, dass außer im Jazz niemand mehr improvisieren kann. Es gibt großartige Interpreten. Aber wo ist die Kreativität?"

Huanitäres Engagement

Mit seiner Gambe, sanft, aber unüberhörbar, träumt Jordi Savall den Traum von einer versöhnten Menschheit. Bei den Salzburger Festspielen ergriff er jüngst nach drei Stunden Konzert noch das Wort, um der Terror-Toten zu gedenken, aber auch der vielen Flüchtlinge, für die seit Jahresbeginn das Mittelmeer zum Grab wurde. Künstler sein - das bedeutet für den nun 80jährigen weitaus mehr, als nur die richtigen Noten zu spielen: "Jede Persönlichkeit, die eine Präsenz hat in der Öffentlichkeit, müsste sich ein bisschen mehr engagieren für die Themen unserer Zeit: für Gerechtigkeit, Menschlichkeit, Solidarität."

Sendung: "Meine Musik" am 31. Juli 2021 ab 11:05 Uhr auf BR-KLASSIK