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Kritik - Idomeneo in Nürnberg Beeindruckend schöne Mozart-Stimmen

Der Mythos Troja steht im Mittelpunkt der aktuellen Spielzeit am Staatstheater Nürnberg. Nach der Spielzeiteröffnung im vergangenen Oktober mit Berlioz' großer Oper "Les Troyens" hatte nun Mozarts "Idomeneo" Premiere. Keine Neuinszenierung, sondern David Böschs 2013 in Basel gezeigte Version als Koproduktion mit der Flämischen Oper Antwerpen. Die musikalische Seite lag allerdings fest in Nürnberger Hand: GMD Marcus Bosch dirigierte, und alle Solo-Partien waren aus dem Ensemble besetzt.

Bildquelle: ©Ludwig Olah

Der kleine Prinz Idamante wird von seinem Vater am Strand von Kreta zurückgelassen, denn König Idomeneo muss in den Krieg gegen Troja ziehen. Die kindlichen Zeichnungen auf der Videoleinwand zur Ouvertüre erinnern teilweise an Antoine de Saint-Exupérys "Der kleine Prinz", aber auch an finstere Grusel-Comics.

Satter und romantischer Mozartklang

Bildquelle: ©Ludwig Olah Auf der Bühne zwischen Sandboden und Sternenhimmel geht es um Leben und Tod, um Vertreibung und Exil. Ina Yoshikawa als mädchenhafte und doch starke trojanische Prinzessin Ilia eröffnet mit strahlend reinem, ausdrucksstarkem Sopran einen Abend beeindruckend schöner Mozart-Stimmen. Generalmusikdirektor Marcus Bosch setzt auf die Dramatik in Mozarts Dramma per Musica und serviert mit der Nürnberger Staatsphilharmonie einen satten, flexiblen und romantischen Mozartklang, der die hellen, strahlkräftigen Stimmen wunderbar trägt.

Ida Aldrians zarter Idamante lässt keinerlei Zweifel an der Unschuld dieses kleinen Prinzen aufkommen, und ihr heller Mezzosopran verschmilzt auf betörende Weise mit Ina Yoshikawas Stimme in den Liebesduetten. Der junge Tenor Ilker Arcayürek meistert die schwere Partie des Idomeneo beachtlich und fesselt durch seine intensive Verkörperung des traumatisierten Königs. Das Beste kommt bekanntlich am Schluss, zumindest in dieser Oper mit der großen Verzweiflungsarie der Elettra, die Leah Gordon Axt schwingend und mit irrem Blick auch stimmlich grandios gestaltet.

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Bildquelle: ©Ludwig Olah Dramaturgisch ist das Werk nach wie vor schwer zu knacken, und auch David Böschs Umgang mit dem antikem Mythos und seinen Fragen nach göttlicher, väterlicher oder politischer Pflicht kann die Tiefe der musikalischen Aussage nicht komplett wiedergeben. Aber es ist mal ein Idomeneo, der sich trotz der sperrigen Form und ein paar Längen auch einem jungen Publikum erschließen könnte.

Nächste Vorstellungen von Idomeneo in Nürnberg

21.02.2018 - 19:30 Uhr; 04.03.2018 - 15:30 Uhr
11./26./31.03. 2018 - 19:30 Uhr

Bösch wählt die kindliche Perspektive auf die Grausamkeiten des Krieges. Idamante, Ilia und auch Elettra leiden unter der Trennung von Eltern und Geschwistern. Totenkreuze, offene Gräber und durchgeschnittene Kehlen dominieren den letzten Akt. Dass dieser Idomeneo nicht glücklich, sondern in Selbstmord und Verzweiflung endet, ist konsequent bitter. Viel tiefer berührt allerdings die hervorragend musizierte schmerzliche Süße von Mozarts Komposition.

Sendung: "Allegro" am 19. Februar ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK