Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat am 6. November Pläne für den Neubau eines Opernhauses am Istanbuler Taksim-Platz präsentiert. Das neue Gebäude soll anstelle des Atatürk-Kulturzentrums (AKM) errichtet werden, um das es in den letzten Jahren große Kontroversen gab. Dieses steht seit 2008 leer.
Das Opernhaus am zentralen Taksim-Platz war 1969 in Betrieb genommen worden und galt als Symbol der modernen, nach Westen orientierten Türkei. Nach nur einem Jahr brannte es aus und erst Jahre später hob sich wieder der Vorhang. Doch nun steht das Atatürk-Kulturzentrum, das die Oper beherbergte, seit fast zehn Jahren leer weil es baufällig ist. Die Fassade wirkt mit den eingeworfen Glasscheiben trostlos. Zuletzt war über einen Abriss spekuliert worden.
Anfang der Woche stellte nun überraschend Präsident Recep Tayyip Erdogan neue Pläne für das Gebäude vor. Das marode Kulturzentrum soll um einige Anbauten erweitert werden und schon im Frühjahr 2019 soll alles fertig sein. Neben einem Opernsaal mit 2.500 Plätzen soll das Gebäude auch eine Bibliothek, Ausstellungsräume und andere kulturelle Einrichtungen enthalten. "So Gott will, wird es eine Ehre und ein Symbol für Istanbul und unser Land werden", sagte Erdogan bei der Präsentation der Pläne in Istanbul.
Im Zentrum des neuen Gebäudes - so sieht es der Entwurf vor - führen alle Wege in eine große rote Kugel und auch wieder hinaus. Erdogan-Kritiker vergleichen das Rund mit einer Moscheekuppel, doch Architekt Murat Tabanlioglu beruhigt mit Verweis auf das Bauhaus. Er habe sich "von einem deutschen Architekten namens Gropius inspirieren lassen, der nie die Gelegenheit hatte, seine Zeichnung umzusetzen. Er nennt das Konzept 'Totales Theater'... eine Kugel, die, kommt man zum ersten Mal, nicht sofort verrät, was eigentlich drin ist."
Was Erdogan bei der Präsentation seiner Pläne nicht gesagt hat: welche Summen das Projekt verschlingen wird und wer das bezahlen soll. Mücella Yapici von der Architektenkammer Istanbul vermutet, dass ein privater Investor und Betreiber gesucht wird, dem der Staat eine bestimmte Summe von Einnahmen garantiert. Sollte die nicht durch den Ticketverkauf eingespielt werden, springt der Staat ein. Auf diese Weise wurden in den letzten Jahren auch zahlreiche Brücken und Tunnel finanziert – nicht immer zum Vorteil des Steuerzahlers. Möglicherweise komme es aber gar nicht so weit, meint Mücella Yapici: "Das ist ein reines Wahlkampf-Projekt. Außerdem soll es den Abriss des Atatürk Kulturzentrums legitimieren. Ich bin überzeugt, dass sie es am Ende gar nicht verwirklichen."