Frei nach Alexander Puschkins gleichnamiger, düsterer Erzählung schrieb Peter Tschaikowsky seine vorletzte Oper "Pique Dame" - ein Drama über einen jungen Mann, der seine Chance auf Liebe und Glück verspielt. Auf der Stuttgarter Opernbühne, die für ihre wagemutigen Inszenierungen bekannt ist, wurde aus der Geschichte eine kühle, sehr unromantische Gegenwartsbetrachtung.
Dieser Opernabend ließ einen völlig kalt, was in diesem Fall nicht ganz so schlimm ist, wie es sich zunächst anhört. Denn auch der Dichter Alexander Puschkin und der Komponist Peter Tschaikowsky gingen zur "Pique Dame" auf kühle Distanz. Bei Puschkin war diese scheinbare Seelenkälte ein raffinierter literarischer Kunstgriff, ein bewährtes Stilmittel, Tschaikowsky dagegen hatte es einfach nur eilig: Die Oper musste rasend schnell fertig werden und war ihm von Anfang an keine Herzensangelegenheit, sondern ein mehr oder weniger willkommenes Auftragswerk.
"Pique Dame" - die Premiere in Bildern.
Mit diesen Russland-Klischees mühen sich deutsche Theaterbühnen nun leider schon seit mehr als zwanzig Jahren ab. Das Volk ist grundsätzlich geschmacklos gekleidet, alkoholisiert und brutal - es gilt das Gesetz des Stärkeren. Nur die Narren haben gegen die Mächtigen eine Chance.
Ärgerlich, dass die eigentlich für ihre sehr gescheiten, wagemutigen Inszenierungen bekannte Stuttgarter Staatsoper diesmal keine anspruchsvollere Deutung anzubieten hatte. Gezeigt wurde der Abstieg des deutsch-russischen Offiziers German, der aus unerfindlichen Gründen mit einem Rucksack herumläuft und von Anfang an wahnsinnig ist. Er hat die fixe Idee, am Spieltisch mit drei Karten zu gewinnen, die ihm eine grauhaarige, aber lüsterne Gräfin - eben die titelgebende "Pique Dame" - verrät. Zwischendurch lässt sich Zarin Katharina die Große blicken, nur mit Reizwäsche und einem Badvorleger bekleidet, eine gewisse Lisa trägt als Playgirl ein Minikleid mit Katzen-Motiven herum und ein Zigarren rauchender Oligarch Tomski lässt die Puppen tanzen. Viel Trash, wenig Verständnis für die Abgründe des russischen Seelenlebens.
Oper von Peter Tschaikowsky in russischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Regie und Dramaturgie: Jossi Wieler, Sergio Morabito
Musikalische Leitung: Sylvain Cambreling, Frank Beermann
Weitere Termine:
Mittwoch, 14. Juni, 22.30 Uhr
Samstag, 24. Juni, 22.30 Uhr
Dienstag, 27. Juni, 22.30 Uhr
Sendung: "Leporello" am 12. Juni 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK.